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HERRN PROFESSOR HEBBMANN NICOLAI ZU SEINEM XXY. JUBILÄUM ALS LEUKER DER BAUKUNST AN DER K. AKADEMIE DER BILDENDEN KÜNSTE IN DRESDEN ALS ZEICHEN DES DANKES LIND DEU VEREHRUNG.

I MITTHEILUNGEN AUS DER ARCHITEKTONISCHER HANDZEICHNUNGEN GALLERIE DER UFFIZIEN ZU FLORENZ RUDOLF REDTENBACHER ARCHITEKT. I. THEIL. BALM SS ARE PERUZZI UNI) SEINE WERKE. KARLSRUHE. VERLAG VO IST J. VEITE MDCCCLXXV. 42

Rajc ZöSMO <5,\BC/ 0 Stal^ ^ÜR\C^ X 21. OKI 1959/^.

'I Das Leben des Baldassare Peruzzi. NB. Die Abkürzung L. bedeutet stets die Anmerkungen der Editoren des Vasari-Le Monnier, Carlo Pini und Gaetano Milanesi. Das 3Iaass der Florentiner Elle braccio ist 0.5S3 meter oder 1 meter = 1.772 Ellen. Das Maass der römischen canna = 10 palmi, ist 2.234 meter oder 1 Meter — 0.4476 cannc, letzteres Maass nach Gsell-Fels, Born und Mittel-Italien. A. Jugendzeit in Siena, yon 1481—1503. W T T ei enn von den hervorragendsten Baumeistern der italienischen Renaissance gesprochen wird, so fühlt sich Jeder verpflichtet, den Namen eines Brunelleschi, Bramante, Rafael, Michelangelo einen anderen ebenbürtig an die Seite zu stellen, den des Baldassare Peruzzi, Malers und Baumeisters aus Siena; oft sogar schon wurde darüber gestritten, ob er oder Bramante der grössere Meister der Hochrenaissance gewesen sei. Es dürfte vielleicht nicht unzweckmässig sein, das, was wir über den Lebenslauf und die künstlerische Thätigkeit Baldassare Peruzzi’s wissen, zusammen zu stellen und nach dem Quellenmaterial in der Gallerie der Ufficien zu Florenz zu ergänzen. Peruzzi’s Ivünstlerruhm gründet sich auf keine sehr grosse Anzahl von erhaltenen Werken seiner Hand, und wenn auch die wenigen unserer Zeit überlieferten ausgeführten Bauten, wenn sogar sein bedeutendster und bekanntester, der Palazzo Massimi dclle colonne in Rom, allein schon einen Künstler allerersten Ranges in seinem Schöpfer erkennen liesse, so wird man doch kaum erwartet haben, dass seine Thätigkeit und Pro- ductivität als Architekt, wie wir sie aus seinen Handzeichnungen kennen lernen, eine so ungewöhnliche war, wird zugeben müssen, dass man ihn seither nur halbwegs kannte und bedauern, dass so viele schöne Gedanken bloss auf dem Papier geblieben sind. Wie sich im Alterthum 7 Städte um die Ehre stritten, Homer als den Ihrigen betrachten zu dürfen, so erfreuten sich drei edle toskanische Städte, Florenz, Siena, Volterra des Ruhmes, Peruzzi ihren Mitbürger nennen zu können, allerdings mit nicht allzugrosser Berechtigung. Vasari, welcher uns diese Notiz mittheilt, giebt eine Erklärung über die Veranlassungen zu der Meinungsverschiedenheit über den Geburtsort Baldassare Peruzzi’s. Neuere Forscher widersprechen Vasari’s ungenauen Angaben. Wir dürfen uns wohl den Editoren der Le Monnier’schen Ausgabe des Vasari anschliessen, nach welchen Baldassare’s Vater, Giovanni di Salvestro di Salvatore Peruzzi, ein Weber aus Volterra, nach Siena übergesiedelt war, wo am 7. März 1481 sein Sohn Baldassare geboren wurde. 1 Nach Vasari ging Baldassare in seiner Jugend stets mit einsichtsvollen Leuten um, besonders mit Goldschmieden und Zeichnern. I)a ihm alle Künste Vergnügen machten, gab er sich ganz dem Zeichnen hin. Kurz nach dem Tode seines Vaters widmete er sich mit so vielem Eifer der Malerei, dass er in derselben nicht nur durch Studium und Nachahmung der Werke der besten Meister seiner Zeit, sondern auch des Lebens und der Natur in Kurzem staunenswerte Fortschritte machte und damit sich, seiner Mutter und Schwester Virginia den nötigen Lebensunterhalt verschaffen konnte. Ueber die ersten Lehrmeister Baldassare’s ist nichts bekannt. Pini 2 glaubt, die erste Anleitung in der Kunst verdanke er dem Bernardino Fungai; 1  Vasari hatte angegeben, Antonio Peruzzi, ein edler Bürger von Florenz, sei wegen innerer Kriege, welche die Stadt bedrängten, nach Volterra gegangen, um dort in Frieden zu leben; dort hätte er 1482 sich verheirathet, und im Verlauf von wenigen Jahren seien ihm zwei Kinder geboren worden, ein Sohn und eine Tochter, die er Baldassare und Virginia nannte. Bald nacher hätte Antonio Peruzzi wegen der Plünderung Volterra’s sich nach Siena begeben, wo er ärmlich lebte, da er Alles verloren hatte. L. (womit wir in Zukunft abkürzungshalber die Anmerkungen der Editoren des Vasari Le Monnier bezeichnen) giebt an, dass 1475 der Vater noch in Volterra genannt wird; ferner, dass die Plünderung Volterras 1472 stattgefunden habe. Giulio Mancini, Arzt Urbans VIII. bekämpfte in seinem Manuscript „Itagguaglio delle cose di Siena“ zuerst die Ansicht Vasari’s und erklärte, Baldassare sei in Ancaiano, einem Dorf, 12 Miglien von Siena, geboren. L. behauptet, beide Ansichten seien nur zum Thcil richtig, denn nach den Büchern von Battezatti gehe vielmehr hervor, dass sein Vater von Volterra nach Siena übergesiedelt sei, wo Baldassare den 7. März 1481 geboren worden wäre. Deila Valle giebt im dritten Band seiner „Lottere Sanesi, p. 157 ff. in den Notizie di Baldassare Peruzzi an, dessen Vater Giovanni Silvestro sei durchaus nicht verwandt mit der adeligen florentinischen Familie Peruzzi, welche sich zu Volterra niedergelassen habe. Lomazzo, Serlio und andere Autoren schreiben den Namen des Künstlers Iialdassar Petrucci, Vasari in der ersten Ausgabe I’errucci. Vergl. Vasari cd. Le Monnier, Bd. VIII, Seite 219 die Anmerkungen, ebenso die Anmerkungen in der deutschen Uebersetzung des Vasari, von Schorn und E. Förster, Bd. 3, I, Seite 361. 2  Carlo Pini fac-simile pliotografique d’artistes italiens du XIV au XVII siede. Fungai (nach L. geboren 1460, 1516 gestorben), 1  ein Schüler und Nachahmer des Benvenuto di Giovanni, gehört der jüngeren Sienesischen Schule an; sein Schüler Giacomo di Bartolomeo Pacchiarotti war, da er 1477 in Siena geboren war, nur um 4 Jahre älter als Peruzzi. Zu Peruzzi’s Jugendbekannten gehört auch Bazzi, genannt Sodoma, geboren 1480, welcher „Ende des XV. Jahrhunderts durch einen Geschäftsträger der Familie Spannocchi aus der Lombardei nach Siena gebracht worden war und hier alsbald in Thätigkeit gesetzt wurde“, und dem Peruzzi „die wesentlichste Anleitung in seiner Jugend verdankte“. „Von ihm hat Peruzzi aller Wahrscheinlichkeit nach den lionardesken Charakter angenommen.“ (Cavalcaselle.) Die erste sichere Notiz über Peruzzi’s Thätigkeit in Siena ist die im Commentare zu Vasari, VIII 238 angegebene, dass er im Jahre 1501, also mit 20 Jahren vom Rector des Domes in der Rundkapelle di S. Giovanni Battista beschäftigt wurde; 15. August 1501 erhält er 42 Lire für daselbst ausgeführte Malereien. Ueber die Jugendjahre unseres Freundes haben wir leider, wie wir sehen, sehr wenige Nachrichten, daher wollen wir den Versuch machen, cinigermassen ein Bild von der Umgebung zu entwerfen, in welcher er lebte und sich zum Künstler ausbildete. Siena liegt wie eine vierarmige, polypenförmige Insel, rings umgeben von üppig bewachsenen Thalbildungen auf einer Terrasse gelblichen, lehmigen Mergels, welche selbst einen hervorragenden Tunkt einer weitausgedehnten, hügeligen Wasserscheide, einer Hochebene zwischen dem Arno und Orcia- respective Arbiathal darstellt. Rings um die Stadt erblickt man das wellige Land, von ferne scheinbar eine Ebene mit tieferen Einschnitten, beim Durchwandern ein ungemein vielgestaltiges Terrain, die Wiege der genannten Wasserläufe und ihrer Nebenflüsse sowie einer Reihe kleinerer, direct dem Meer zueilcnder Bäche. Gegen Osten hin begrenzen die florentinischen Berge, der Prato Magno die Aussicht, gegen Süden erhebt stolz in blauem Duft der Monte Amiata, der höchste vulkanische Berg des Festlandes Italien, auch il sasso di Maremma genannt, sein Haupt; die ganze Hochebene, von früheren Sümpfen her die Maremma von Siena genannt, ist jetzt grösstcntheils von namenloser Sterilität, lauter silbergraue ab- und ausgewaschene Sandhügel, höchst spärlich auf ihren Gipfeln mit gelblichen Flechten bewachsen, mit Recht als toskanische Wüste bezeichnet. Eine Hügelkette zwischen Siena und dem Meere versperrt die Aussicht nach demselben. Einsam und abgeschieden liegt so Siena, kaum irgend einer anderen Stadt vergleichbar in ihrer Situation, so recht geeignet, eine selbständige Entwickelung seiner Bürgerschaft zu begünstigen. Die Sienesen, stolz, trotzig und ehrgeizig, suchten stets mit Florenz und Pisa zu concurriren und Alles aufzubieten, um einerseits ihre Freiheit sich zu erhalten, andrerseits ihre Vaterstadt zu einer der schönsten in Italien zu gestalten. „Der Bau-Ehrgeiz Siena’s nimmt in den officiellen Aeusserungen oft eine wahre Heftigkeit an und hlickt unruhig nach aussen.“ So charak- terisirt Burckhardt 2  treffend „die Baugesinnung“ von Siena’s Bürgerschaft. Siena, zu Römers Zeiten Sena Julia genannt, führt, wie Rom selbst, die Wölfin im Stadtwappen, und seine Einwohnerschaft blickte mit Stolz auf seine Geschichte zurück, welche zur Zeit des Mittelalters in der allmähligen Los- lösung von der kaiserlichen Oberherrschaft bestand und in der Entwickelung der Stadt und Umgebung als Republik, dann später in Zwisten zwischen Bürgerschaft und Adelsfamilien, Verfassungskiimpfen und in Rivalitätsstreitigkeiten mit Florenz. Siena spielte in der Geschichte Italiens nie eine selbstständige Rolle, wurde aber in die Parteistreitigkeiten der Ghibellinen und Guelfen sowohl als in die politischen Ereignisse Mittelitaliens überhaupt mit hineingezogen uud von ihnen mehr oder minder beeinflusst. In Peruzzi’s Jugendzeit war die Stadt Siena im Ganzen genommen wohl nicht allzuviel verschieden von ihrem jetzigen Aussehen. Die sämmtlichen Strassen sind krumm und steigen bergauf, bergab. Damals waren sie überall mit einem Backsteinpflaster bedeckt, von welchem noch Zeiller in seinem 1  Siehe Crowe und Cavalcaselle. Geschichte der italienischen Malerei. Bd. IV. 2. Seite 391 ff. 2  Geschichte der Renaissance in Italien von Jacob Burckhardt. Stuttgart. Eimer & Seubert. 18G8. Seite C.

10177 toi, 3 4 „Itinerarium Italiae 1G40“ berichtet, während jetzt ein glattes Pflaster von Quadersteinen die Gassen und Gässchen bedeckt. Nur das alte Backsteinpflaster der jetzigen Piazza Yittorio Emanuele, früher il Campo, bei Zeiller forum genannt, erinnert mit seinen radial nach dem Mittelpunkt des trichterförmigen Platzes laufenden Wasserrinnen aus Travertin an den alten Zustand der Strassen. Dieser Platz, der eigentliche Mittelpunkt der Stadt, war damals schon benutzt zu grossen Versammlungen und Festlichkeiten des Volkes; fast wie neu sah damals noch der mittelalterliche Palazzo pubjico aus, mit seinem schlanken Campanile und der schönen, Ende des 14. Jahrhunderts vollendeten Kapelle; ihm gegenüber schmückte die von Jacobo della Quercia 1419 ausgeführte Fonte Gaja den Platz und links von ihm glänzte der kürzlich erst (1469) fertig gewordene Palazzo Piccolomini, wahrscheinlich Bernardo-Rosellino’s Werk, im Abendgold, daneben einer der vielen mittelalterlichen hohen Thürme, deren Siena eben so wie Florenz und viele andere Städte Italiens eine Menge besassen, eigentliche Vertheidigungsthürme von castellartigen Privathäusern, wie wir solche auf deutschem Boden noch in Regensburg in ziemlicher Anzahl finden. Schon Zeiller meldet, dass diese Thürme Siena’s zu seiner Zeit grösstentheils verschwunden waren. In der Nähe von diesem Palast war die 1462 von Antonio Federighi auf Kosten Papst Pius II. ausgeführte Loggia del Papa zu sehen und nördlich von der Piazza der 1205 errichtete Backsteinpalast Tolomei. Bei einer Promenade auf dem Corso, wenn man so die vielfach gekrümmte Hauptstrasse Siena’s nennen darf, fand man beim Eintritt in die Kirche Fontegiusta schon das schöne Bronceweihbecken des Giovanni delle Bombarde von 1430; dagegen war das herrliche Marmortabernakel, von Lorenzo di Mariano 1516 ausgeführt, eine Ueberraschung für Peruzzi bei einem seiner späteren Besuche Siena’s, bei welchem er sich selbst in dieser Kirche durch sein Frescobild der Sibylle verewigte. Palazzo Spanocchi mit seinem durch Köpfe geschmückten Hauptgesims, 1475 nach Plan von Rosellino (oder Cronaca?) gebaut, war eben erst fertig geworden, eben so die zierliche Fagade der Kirche Madonna delle Neve, 1471, wahrscheinlich damals weniger schwarz im Aussehen als jetzt. Vor der Stadt lag die Klosterkirche Osservanza, 1423 erbaut; vielleicht war damals schon der schöne Palazzo dei Furclfi mit der Capelle dei Dia- voli vor .Porta Camullia vollendet, eine Schöpfung des Antonio Federighi. Manches Andere von schönen Neubauten wies Siena damals in allen Winkeln und abgelegenen Punkten der Stadt auf; so das 1475 wahrscheinlich von Francesco di Duccio del Quasta errichtete untere Oratorium von Santa Ca- tharina, und namentlich war die Stadt reich an Bauten des Mittelalters. Vor Allem ist hier der prächtige Dom zu erwähnen, dessen Inneres und Aeusseres damals kaum anders aussah, als heut zu Tage; Nicola Pisano’s Kanzel schmückte ihn schon, eben so ein Theil des herrlichen Marmorfussbodens, die zwei prachtvollen Weihwasserbecken, einige Grabdenkmäler und Anderes; der Hochaltar sowie ein Theil der reichen Chorstühle fehlten noch, nicht minder das Broncetabernakel, welches 1506 hierher gebracht wurde. Der von Domenico von Pienza als Wohnung des Pandolfo Petrucci erbaute, von Giacomo Cozzarelli 1508 vollendete und mit dessen schönen bron- cenen Fahnenhaltern geschmückte Palazzo Magnifico mochte während Bal- dassare’s erstem Aufenthalt in Siena noch im Baue begriffen gewesen sein, und den Anbau der Bibliothek an die, 1482—85 von Stefano di Giovanni errichtete Capelle S. Giovanni Battista am Dom erlebte er in den Jahren von 1495 an. „Der Marmorschmuck des Eingangs wurde bei dem sienesischen Bildhauer Lorenzo di Mariano bestellt, die Erzthüren bei Antonio Ormanni, die Holzschnitzereien der Innenbekleidung bei Antonio Barili 1496“, und Pintu- riccliio erhielt laut Vertrag vom 29. Juni 1502 den Auftrag, die Wände und Decken mit Malereien auszuschmücken. (Cavalcaselle.) Es dürfte wohl nicht gewagt erscheinen, wenn man behauptet, Baldassare, ein hochbegabter und begeisterter Kunstjünger, sei in dem damals so frischen und aufstrebenden Siena von allen Seiten mächtig angeregt worden; wie wäre es wohl möglich gewesen, dass er schon als junger Mann ein so unvergängliches Kunstwerk erschuf wie die Farnesina zu Rom, hätte nicht frühzeitig sein künstlerischer Sinn kräftig sich entwickeln können, so durch eigenes Studium, wie durch Aneiferung von Aussen. Und wahrlich, auf jedem Schritt und Tritt in und um Siena fand Peruzzi Schönes, konnte er Kunst und Natur auf sich ein wirken lassen; Malerei, Plastik und Architektur waren in vorzüglichen Werken in der kunstsinnigen Stadt vertreten, und edle Männer aller Berufszweige dienten der Stadt zur Zierde, ihm zum Vorbild. Man sehe sich einmal in Zeillers itinerarium das getreuliche Conterfei des alten Siena an, schon fast gerade so gestaltet wie das jetzige, was muss das. für eine gemüthliche, reizende Stadt gewesen sein mit ihrer von Dante bald eitel, bald leichtsinnig genannten Bevölkerung. Man denke sich in ihren Strassen das reiche italienische Leben eines fein cultivirten, wohlhabenden und tüchtigen Volkes, das in ewigen Verfassungskämpfen politisch reif geworden, durch seine Naturbegabung und die günstige Lage der Stadt geistig frisch geblieben, durch bedeutende historische Erinnerungen im höchsten Grade patriotisch gesinnt, durch eine Reihe grosser Männer auf den Gebieten des öffentlichen Lebens, der Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet war — nimmt es einen da Wunder, wenn schöne Keime einer jugendlich begeisterten, von Herzensgüte und Bescheidenheit beseelten Künstlernatur befruchtet wurden, um später in der Welt sich in ungewöhnlicher Weise zu entfalten? Wenn Vasari Recht hätte, so wäre Pinturicchio, als er im Jahre 1502 von Perugia nach Siena mit seiner Familie übersiedelte, ein Mann voti 48 Jahren gewesen. Vasari erzählt, was Cavalcaselle für durchaus glaubwürdig hält, Pinturicchio habe sich sofort nach geeigneten Gehülfen umgesehen und bei ihrer Anwerbung eine gute Anzahl aus Pietro Perugino’s Werkstatt abspenstig gemacht, und wahrscheinlich befand sich darunter der junge Rafael. (Vergl. Cavalcaselle IV. 1. Hälfte. Pinturicchio.) Cavalcaselle sagt, IV. 2. S. 402, nachdem Baldassare’s Beziehung zu Sodoma erwähnt worden war, von ersterein: „Unmittelbar nach seiner ersten Bethätigung in San Giovanni schloss er sich dem Pinturicchio an, als dieser eben die Malereien in der Dombibliothek in Händen hatte. In solchem Doppeleinfluss des lombardischen und umbrischen Stiles vorgebildet, kam Peruzzi um 1504 nach Rom.“ Da Pinturicchio’s Ausmalung der Dombibliothek, welche bekanntlich Scenen aus dem Leben Pius II. darstellt, langer Vorbereitungen bedurfte, so konnte nur an diesen Baldassare sich betheiligen; ob Rafael noch vor dessen Abgang nach Rom mit ihm in Siena zusammentraf, ist unbestimmt. Vasari zählt zu den ersten Werken des Baldassare Peruzzi ausser einigen unbedeutenden Jugendarbeiten in Siena ein Kapellchen in Volterra beim Florenzerthor, in welchem er einige Figuren mit so viel Anmuth dargestellt habe, dass er von seinem neuerworbenen Freunde Pietro da Volterra, welcher sich meist in Rom auf hielt und gerade für Alexander VI. einige Sachen malte, zur Abreise nach Rom veranlasst worden sei (nach L. etwa im Jahre 1503). Im Commentar zu Vasari VIII, 220 wird dieser Meister Pietro del fu Audrea da Volterra als damals in Rom ansässig urkundlich genannt. Das widerspricht Vasari’s Angabe nicht, welcher ihn „meistentheils“  in Rom sein lässt. B. 1503 — 1527 . Bora. Zwei Wege führten von Siena nach Rom;  entweder pflegte mau in der Richtung nach dem Trasimenischcn See nach Perugia zu gelangen, von da über Spoleto, Foligno nach Otricoli und dann dem Tiber entlang zu reisen, oder man zog den kürzeren Weg über Radicofani, Bolsena, Viterbo nach Rom vor. Peruzzi dürfte wohl den letzteren Weg auf seiner ersten Romfahrt eingeschlagen haben. Nach Rom sehnte sich schon im 16ten Jahrhundert jeder Künstler. Ueber den äusseren Eindruck der Stadt entwirft Gregorovius (im 7ten Bande seiner Geschichte der Stadt Rom Seite 683) ein lebendiges Bild. Es sei gestattet, davon einige Stellen hier zu wiederholen. „Das Gesammtbild Roms stellte sich damals minder prächtig dar als heute, wo die vielen Kirchenkuppeln dieser Stadt den unvergleichlichen Charakter von Vollendung und Majestät verleihen. Wenn der Pilger des Jubeljahres 1500 einen Flankenthurm des Senatspalastes auf dem Capitol bestieg, um Rom zu betrachten, so entdeckte er kaum als fremdartige Erscheinungen die niederen Kuppeln einiger Sixtinischer Kirchen. Er sah nur schlanke Campanile des Mittelalters oder Adelsthürme in den blauen Himmel emporsteigen und sein Auge ruhte dann auf dem Milizenthurm des Quirinal, als der colossalsten Thurmgestalt Roms. Sein Blick fiel zunächst auf die Wild- niss zu seinen Füssen nieder, wo sich einst der Mittelpunkt aller Grösse der Römer befunden hatte; er sah das von Ziegen umkletterte Capitol mit seinen schwarzen Tuffwänden, seinen Gärten und elenden Häuserklumpen, seinen Trümmern und Tempelresten. Er betrachtete das von hochgehörnten Rindern belebte Forum mit seinen uralten Kirchen, zerstörten Triumphbogen, Tempeltrümmern und einzelnen halbverschütteten Säulen. Er sah den verlassenen Palatin mit dem riesigen, von Epheu umschlungenen Mauern des Kaiserpalastes und tiefer die zerbröckelten Mauerringe des Colosseum.“ Rom in seinem ganzen Umkreis glich einem Gefilde, „worin sich gleichsam zerstreute Ortschaften unter Trümmern angesiedelt hatten. Die Gegensätze von Vergangenheit und Gegenwart traten in diesem zaubervollen Bilde Roms damals noch schärfer hervor, obwohl auch noch heute die Stadt in zwei Hälften auseinanderfällt“. Es wäre zu viel, hier weiter Gregorovius Schilderung zu folgen, er theilt mit, dass die innere Stadt um den Tiber aus dichten Vierteln und schwarzen Häusermassen mit labyrinthischen Gassen bestand, welche gegen die untere via lata immer lockerer wurden; dass der Corso eine lange, lückenhafte Strasse war mit einigen Kirchen, Gebäuden und zertrümmerten Triumphbogen; gegen den Monte Pincio, den Quirinal und gegen piazza del popolo sah man nur Gärten, wenige Häuser und einige Kirchenreste. Rom war damals eine Stadt von 70,000 Einwohnern. Was einen jungen Künstler wie Baldassare Peruzzi ganz besonders in- teressiren musste, das waren die Neubauten im modernen Stil und die alten römischen Denkmäler. Von Renaissancebauten war damals noch wenig in Rom zu sehen; es waren'hauptsächlich die Werke von Baccio Pintelli, wie San Pietro in Montorio, Ponte Sisto, die Fagaden der Kirchen S. S. Apostoli und S. Maria del popolo sowie allerlei Restaurationsbauten älterer Kirchen. Von Giuliano da Majano war schon der um 1468 erbaute Palazzo Venezia nebst S. Marco vollendet. Viel reichhaltiger als heutigen Tags war Rom an alten Denkmälern, und diese meistens noch weit vollständiger erhalten als jetzt. Allerdings war den Alterthumsforschern damals sehr Vieles noch nicht bekannt, was später erst entdeckt wurde. Vasari erzählt, nach Alexanders VI. Tod, August 1503, habe Meister Pietro da Volterra nicht länger in Rom gearbeitet, daher Peruzzi sich in das Atelier des wenig berühmten Vaters des Maturino begeben habe, der damals viele Aufträge hatte. Baldassare habe die Aufnahmsprobe (bei Vasari ausführlich erzählt) zum Staunen seines Meisters und anderer Maler so glänzend bestanden, dass diese ihm die Ausmalung der Ilauptaltarkapelle von San Onofrio zu Rom verschafften, ein Werk, das er mit sehr schöner Manier a fresco ausführte. 1  Baldassare Peruzzi sei auch nicht ohne Einfluss geblieben auf den jüngeren Maturino, welcher mit seinem Freunde Polidoro da Caravaggio von ilnn die Fagademalerei in chiaroscuro annahm. Von weiteren Werken Peruzzi’s nennt derselbe Autor die Ausmalung a 1  Nach den Editoren des Vasari Le Monnicr sind die Madonna und verschiedene historische Darstellungen unterhall) des Ilauptgesimses der Altarnischo von Baldassare, aber in Folge falschen Restauiirens sehr entstellt: die Malereien über dem llauptgesims aber von rinturicchio.

fresco zweier Kapellclien in Santa Rocca a Ripa 1 , deren eine nach L. noch erhalten, aber stark durch die Auffrischung des Baciccio verdorben ist. 2 Bei beginnendem Ruf wurde Peruzzi nach Vasari’s Angabe zur Ausmalung des Festungsthurmes nach Ostia geschickt, welche er in zwei Sälen in chia- roscuro durchführte. Beim zweiten Sale war mit ihm Cesare da Sesto, Leonardo da Vinci’s Schüler, aus Mailand, beschäftigt. Die ersten Jahre von Baldassare’s Aufenthalt in Rom waren nicht blos geeignet, ihn in der Malerei Fortschritte machen zu lassen, sondern mehr noch durch Studium der alten Denkmäler seine künstlerische Entwickelung zu beschleunigen, und der Verkehr mit talentvollen jüngeren und älteren Künstlern und Gönnern trug wesentlich dazu bei. 1496 schon war der damals 22jährige Michelangelo Buonarotti nach Rom gekommen und hatte 1499 für den Cardinal La Grolaye die berühmte Pieta vollendet, welche einige Jahre später in der Capelle Santa Petronilla aufgestellt wurde. 1499 war Bramante da Urbino, im Alter von 55 Jahren, nach Rom gekommen, um sich mit seinem in der Lombardei ersparten Gelde unabhängig, ungestört und behaglich dem Studium und der Vermessung aller Denkmäler Roms und seiner Umgebung zu widmen: er dehnte seine Forschungen selbst bis Neapel aus, wo Cardinal Oliviero Caraffa, auf ihn aufmerksam geworden, ihm den Bau des Kreuzganges von Santa Maria della Pace in Rom übertrug, 1504. In demselben Jahre war auch Giuliano da San Gallo, ein Jahr älter als Bramante und damals im 61. Lebensjahr stehend, nach der Erwählung des Julian Rovere zum Papst Julius II., 1. November 1503, von Florenz nach Rom zurückgeeilt, wo er schon früher thätig gewesen war. 3 Vasari giebt Anhaltspunkte, aus welchen eine schon damalige directe Beziehung zwischen Peruzzi und Bramante mit fast unzweifelhafter Gewissheit hervorgeht; nach der Rückkehr von Ostia nämlich habe Baldassare eine intime Freundschaft mit dem Sienesen Agostino Chigi geschlossen, welcher alle hervorragenden Menschen liebte, um wie viel mehr seinen Landsmann, der dann mit seiner Unterstützung in Rom bleiben und die Sehenswürdigkeiten der Stadt, besonders die Architekturwerke studiren konnte, „was er denn auch mit Bramante um die Wette getlian habe“. Ob der damals 23jährige Peruzzi mit dem 7 Jahre älteren Michelangelo in Berührung kam, kann man eher vermuthen als behaupten. Dieser hatte bald nach Vollendung der Pieta Rom verlassen, war dann vor 1505 auf Giuliano da San Gallos Anregung von Julius II. nach Rom zurückberufen worden und sollte dessen Grabmal beginnen. Es ist wohl anzunehmen, dass Peruzzi Michelangelo kannte, welcher schon nach der Ausführung seiner Pieta für den grössten Bildhauer Italiens gehalten wurde, aber die vielerlei Vorgänge in Rom während der Regierungszeit Julius II., bei welchen namentlich Bramante als Intriguant gegen Giuliano da San Gallo wie gegen Michelangelo genannt wird, lassen es bezweifeln, ob Baldassare diesen beiden Künstlern nahe stand. Die Zeit von 1504—1509 war jedenfalls für Peruzzi’s Entwickelung eine im höchsten Grade einflussreiche gewesen. Vor seinen Augen entfaltete sich eine grossartige künstlerische Thätigkeit auf allen Gebieten. Zunächst war er Zeuge von Bramante’s Neubauten, als deren erster der Kreuzgang von Santa Maria della Pace genannt wird. Es ist sehr schwer, über einen Künstler wie Bramante ein richtiges Ur- theil zu fällen. Er tritt hier in Rom als OOjähriger Mann zum ersten Male unter den thätigen Künstlern auf und leistet in den wenigen Jahren bis zu seinem Tode, 1514, Kolossales, mehr und Grösseres, als wohl irgend ein Architekt jemals in so kurzer Zeit fertig brachte. Von seinen Arbeiten bis zum OOsten Jahre wissen wir merkwürdiger Weise fast gar nichts. Zwar wird ihm mancher Bau in der Lombardei und in Mittelitalien zugeschricben, aber sicher datirt als sein Werk ist nur sehr Weniges und so manches, als seine Schöpfung angeführtes Gebäude, wie die schöne Kirche della Consola- zioue in Todi ist nach den neuesten Entdeckungen der Localforscher das Werk eines Anderen: ein schlagender Beweis dafür, wie lückenhaft unsere Kenntniss der Baugeschichte der italienischen Renaissance bis jetzt geblieben ist. Bramante wird mit Recht stets als der Schöpfer der Hochrenaissance hingestellt; über das, was er wollte und für das Richtige erkannte, musste er schon im Reinen sein, ehe er Rom betrat; es wäre doch sonderbar, wenn er erst als 56jähriger Mann durch die römischen Denkmäler vollständig in seinen Anschauungen umgeworfen worden wäre. Die Denkmäler Roms haben wohl seine längst vorhandenen Ansichten über die Baukunst eher bestätigt als hervorgerufen. Er hatte ja in Oberitalien und Toskana genug Gelegenheit gehabt, durch Betrachtung der Bauten des römischen Alterthums sich eine Meinung zu bilden, nur hatte ihm noch gefehlt, auch Rom aus eigener Anschauung kennen zu lernen, und zu dem Zwecke gerade suchte er die Weltstadt ja auf. Nach Vasari wäre Bramante eigentlich aus Begeisterung für den Mailänder Dom der Architektur vollständig zugeführt worden. Jacob Burckhardt lässt ihn von der Lombardei die Vorliebe für den gegliederten Pfeiler, für kühnwirkende, halbrunde Abschlüsse und hohe Kuppeln mitbringen. (Cicerone S. 313.) Bramante gehört zu den hahnbrechenden Künstlern, welche den Ausgangspunkt für ganz neue Richtungen bilden, und steht in der Mitte zwischen Brunelleschi und Michelangelo. Er ist vorherrschend ein reflectirender Arclii- 1  Sollte nicht die kleine Kirche oder doch deren Parade eines der ersten Bauwerke I’ernzzi’s in Rom sein? 2  Nach L. fertigte er auch die Zeichnungen für die Gewölbemosaiken im Auftrag des Cardinais Bernardino Carvajal. Albcrtini erwähnt derselben in seinem Werk „de mirabilibus novae et vetcris urbis Romac, 1508“, demnach waren sie damals vollendet. (Vergl. über diese wie andere Malereien l’eruzzi’s Crowe & Cavalcaselle, IV, 2tc Abtheilung, Seite 402 ff.) 3  Er war nämlich nach seinen Arbeiten an der Kirche Santa Maria zu Loreto 1496 hierhergekommen, und Alexander VI. hatte ihn das beschädigte Dach von Santa Maria Maggiore wieder hcrstellen und die schöne hölzerne Casettendecke unfertigen lassen. Indessen hatte ihn auch Julian Rovere, Cardinal von San Pietro in Vincoli, welcher schon mit San Gallo als Castellan von Ostia befreundet gewesen war, beschäftigt und den Palast von S. Pietro in Vincoli, den Palast in seiner Vaterstadt Navona und das Castell von Ostia durch ihn bauen lassen. tekt, der die Baukunst seiner Zeit einer scharfen Kritik unterzieht und, wie der Gärtner, rücksichtslos den in die Breite wachsenden Baum beschneidet, auf dass er in die Höhe treibe und eine desto mächtigere Krone bilde. Er vereinfacht die ganze Architektur im Detail, damit die Verhältnisse des Baues vor Allem zur Wirkung kommen; er reducirt die architektonische Decoration auf ihr Minimum, verfeinert und veredelt sie aber so viel er nur kann. Ihm ist alles Kleinliche, alles Spielende verhasst; die malerische Wirkung in der Baukunst sowohl als ein kräftiges Relief ist ihm nebensächlich gegenüber der Klarheit der Massengliederung, der Grossartigkeit der Gesammterschei- nung seiner Bauten und der Präcision und Noblesse in der Haltung des Einzelnen. Er sucht weder nach originellen Architekturmotiven, noch strebt er darnach, seinen Werken den Anschein des Pikanten zu geben; originell sind alle seine Werke mehr als Ganzes, wie im Einzelnen. Schon sein erstes Werk in Rom, der Kreuzgang von Santa Maria della Pace, deutet seine ganze Richtung an, ja Jacob Burckhardt will in ihm sogar eine Revolution des ganzen bisherigen Hallenbaues erkennen. Ueberraschend ist es, dass dieses Erstlingswerk in Rom verglichen mit Bramantes späteren Bauten sowohl in den Verhältnissen als im Detail noch etwas Unbeholfenes hat, so dass man aus demselben nicht auf die spätere Bedeutung seines Schöpfers schliessen würde. Zu Bramantes frühesten Arbeiten in Rom gehört wohl auch der kleine Palast gegenüber dem Palazzo del Governo vecchio, mit der Inschrift: Jo . Petrus. Turcius . Novaricnsis . A . Litteris . Apostolicis . Scribendis . Dictandisq  . Anno . Seculari. M . 1) . Fecit.  Bei aller Einfachheit und Anspruchslosigkeit ist der Bau ein sehr anmuthiger, seine Verhältnisse zwar weniger günstig, als wie bei Bramantes späteren Werken, jedoch alles Detail elegant und edel, wie wir das bei Bramantes Schöpfungen gewohnt sind. Wenn der kleine tempietto di San Pietro in Montorio, wie Le Tarouilly angiebt, im Jahre 1502 von Bramante (im Auftrag des Königs Ferdinand IV. und seiner Gemahlin Isabella) errichtet wurde, so ist kaum zu verstehen, wie Bramante gleichzeitig dieses in jeder Hinsicht vollendete kleine Juwel und den Klostcrhof von della Pace, ein viel unvollkommeneres Werk, schaffen konnte. Die Anregung zu ersterem Bau mochte wohl der Vestatempel zu Tivoli gegeben haben, welcher, nach einer Zeichnung des Giuliano da Sangallo (in der Barberinischen Bibliothek zu Rom) zu urtheilcn, damals noch ein Balustradengeländer über dem Hauptsims hatte, über dem die im Aeusseren sichtbare Kuppelwölbung sich erhob. Durch Serlio erfahren wir, dass der tempietto den Mittelpunkt eines kleinen runden Hallenhofes bilden sollte. Das kleine Object ist von tadelloser Schönheit der Verhältnisse und überaus fein und zierlich gegliedert; es zeichnet sich durch maassvolle Behandlung der Architektur und Eleganz des Vortrages ebenso wie durch die Lebendigkeit in der Erscheinung bei knappesten zur Anwendung gekommenen Kunstmitteln vor allen Werken Bramantes aus und war die Schwärmerei aller Architekten der Renaissance; sie vermassen und zeichneten es immer wieder auf, ebenso wie den Vestatempel zu Tivoli. Um 1504 (nach Le Tarouilly) erbaute Bramante eines seiner schönsten Werke, den Palazzo Giraud an piazza Scossa Cavalli für den Cardinal Adriano di Corneto. Das Motiv der Fagadeneintheilung und Stockwerksgliederung ist ganz dasselbe wie bei dein früher genannten kleinen Palast und dem, einige Jahre darauf begonnenen Palast der Cancelleria, im Vergleich zu ersterem dagegen, gesteigert zu nennen. Das Hauptgesimse und die Gliederungen dieser drei Bauwerke sind sogar, wenn auch in ihren Verhältnissen verschieden, so doch in den Formen fast identisch mit denjenigen des Kreuzganges von della Pace. Man möchte glauben, Palazzo Giraud sei der letzte Bau Bramantes, bei welchem nicht bloss die Gcsammtdisposition, sondern auch sämmtliche Details von seiner Hand waren. Die Relieflosigkeit und Ueber- klcinheit dieser letzteren bei der so viel gerühmten Cancelleria scheint hie- fiir zu sprechen. Nach Vasari machte Bramante „die Zeichnung“ zu Palazzo Giraud, und bei dem Bau der Cancelleria, welchen ein gewisser Antonio Montecavallo ausführte, befand sich Bramante mit andern trefflichen Architekten bei der Beurtheilungscommission, welche übereinen grossen Theil des Palastes und der Kirche S an Lorenzo in Damaso berieth. 1 Die Cancelleria liess Cardinal Rafael Riario noch unter Alexander VI. errichten. Vielleicht ist die Composition der Faqade und des schönen Säulenhofes dem Bramante zuzuschreiben, auch wohl die Directivcn über die Durchführung im Einzelnen; die übergrosse Feinheit des Details aber, welches an vielen Stellen gar nicht mehr zur Wirkung kommt, dürfte wohl den ausführenden Ilülfsarchitekten anzurechnen sein. Bramantes Einfachheit und Sparsamkeit in der Verwendung von künstlerischen Hiilfsmitteln, ein Charakteristiken seiner Bauten in Rom, über Alles zu loben, wie das in der Regel geschieht, heisst ungerecht sein gegen seine bedeutendsten Nachfolger in der Architektur, Rafael und Peruzzi, deren Werke dieselbe „Reinheit der Form“, dieselbe „classische Grazie“, dasselbe „edle Maass“ und die „strenge Schönheit“ zeigen, welche man Bramante nachrühmt. Beide zeichnen sich durch Fülle von Fantasie, Frische und Herzenswärme, Liebenswürdigkeit und Sinnigkcit vor Bramante aus, ohne ihm an Kraft und Grossartigkeit der Conccption nachzustehen. Ausgenommen den nur bis zur Sockclhöhc gekommenen Palast in via Julia neben S. Biagio della Pagnotta, welcher alle Uffizien Papst Julius II. in sich aufnehmen sollte, sowie Bramantes St. Peter kennen wir sämmtliche Bauwerke dieses Meisters in Rom. Stünde noch Rafael’s schöner Palast Branconi d’Aquila, und wäre sein Plan zur villa Madama zur Ausführung gekommen, zwei leider nur aus Handzeichnungen in den Uffizien zu Florenz bekannte Werke, sähen wir ferner Peruzzis sämmtliche Entwürfe verwirklicht vor uns, so würde wohl zum mindesten das definitive Urtheil dahin ausfallen, dass diese drei Meister als Architekten gleiches Lob verdienen, wahrscheinlich aber würde Peruzzi als der genialste unter ihnen erscheinen. 1  Bramante wird, wie es scheint mit Unrecht stets als Erbauer der Cancelleria genannt. 2

Bramantes Tliätigkeit in Rom war eine so immense, dass er ohne einen festen, durch alle seine Werke hindurch gehenden Canon, ohne eine Menge Hülfskräfte, welche die Ausarbeitung seiner Pläne und die Bauausführung übernahmen, kaum im Stande gewesen wäre, seine Aufgabe zu bewältigen. Wir dürfen vielleicht Peruzzi, dessen Yasari hei Gelegenheit des Baues von St. Peter ebenso wie Rafaels als in Bramantes Gunst stehend erwähnt, unter seinen Gehülfen suchen. Schon bei der ersten architektonischen Schöpfung, welche der damals 28jährige Peruzzi vollbrachte, der villa Farnesina, zeigt er sich als ein so reifer und selbstständiger Künstler, dass man kaum daran zweifeln kann, dass er von Bramante tüchtig geschult worden sei. Der vaticanische Palast und der Bau von St. Peter, welchem Peruzzi später selbst vorstehen sollte, bilden den Schluss von Bramantes grossartiger Thätigkeit, den Schluss der kolossalen Unternehmungen seines baulustigen Mäcen’s, des Papstes Julius II. Bramante hatte nicht viel Glück mit seinem Riesenbau; an dem Schicksale dessen, was er aufführte, bestätigen sich die Vorwürfe seiner Zeitgenossen, dass er ein schlechter Constructeur gewesen sei; nicht nur an dem vati- canischen Palast waren Theile eingestürzt oder aus den Fugen gewichen, sondern auch die Bögen unter dem inneren Kranzgesims, welche die Kuppelpfeiler der neu begonnenen Peterskirche verbanden, drohten einzustürzen. Yasari erzählt uns, die Früchte von Peruzzi’s Studium der römischen Baudenkmäler seien nicht ausgeblieben; in der Perspective sei ihm bald kaum einer seiner Zeitgenossen gleichgekommen; er habe dem Papst Julius II. ein Vogelhaus mit den Symbolen der 12 Monate und einem Ueberreichthum an schönen Häusern und Palästen, Theatern und Amphitheatern ausgemalt, ein leider zu Grunde gegangenes Werk. Von anderen Arbeiten Peruzzis erwähnt Vasari die Ausmalung der Zimmer des Bischofs von Ostia, Raffaello Riario, welche er im Verein mit anderen Malern ausgeführt habe, ferner die Facadenmalerei des Palastes des Herrn Ulisse in Fano, sowie des gegenüberstehenden Hauses, wobei er die Odysseussage als Gegenstand der Malerei gewählt habe. Auch andere Künstler beeinflusste Peruzzi; im Leben des Da- niello Ricciarelli theilt Vasari mit, derselbe habe ein Bischen zeichnen gelernt bei Sodoma, welcher damals einige Arbeiten in Volterra ausführte, habe aber nach dessen Abreise viel raschere Fortschritte gemacht unter Peruzzi. Durch diese Arbeiten kam Peruzzi zu grossem Ruf und zu seinem ersten architektonischen Bauwerk, den für Agostini Chigi 1509—10 ausgeführten Palast, jetzt villa Farnesina genannt. Agostino Chigi hatte (Gregorovius VIII. S. 113) sich im Bankhaus der Spanochi ausgebildet, und dasselbe dann selbst im Jahre 1509 übernommen. „Sein Geschäft blühte durch grossartige Spekulationen und durch die Verbindung mit der Curie; er wurde Finanzrath und Vertrauter Julius II.“ „Sein Reichthum wuchs so hoch, dass man sein Einkommen auf 70,000 Dukaten sclüizte, was zu jener Zeit eine enorme Rente war.“ „Dieses Vermögen machte den feingebildeten Mann zum einflussreichsten Mäcen von Rom.“ Man wird wohl beistimmen, dass die Farnesina die anmuthigste Villa von ganz Rom ist; Vasari sagt bekanntlich von ihr: „non muruto mu veramente nato 1  Nach Vasari schmückte Baldassare den Bau im Aeusseren mit jetzt verschwundenen Bildern in terctta (Grüner Erde?), welche er selbst sehr schön„ausfiihrtc. Der Schmuck der grossen Halle, Rafaels Compositio- nen zu dem Leben der Psyche sind weltbekannt und berühmt; ebenso allgemein geschätzt ist die von Peruzzi selbst ausgeführte Deckenmalerei des Ilauptsaales, der Gegenstand der Bewunderung sogar eines Titian. Villa Farnesina zählt zu den Kunstwerken, welche trotz ihrer Kleinheit allerersten Ranges sind, wie die Perlen der Dichtkunst und der Kammermusik, die Kabinetsstücke der Malerei und Sculptur; in ihr zeigt sich ihr Schöpfer als das ächte Genie, welches auch im Kleinen Unnachahmliches schafft, würdig des Ehrenprädikates des Künstlers par excellencc. Nach Vollendung dieses Werkes führte Baldassare eine Reihe von Arbeiten aus, welche Vasari aufzählt, von denen aber nichts mehr existirt. 2 1  Zwei Skizzen von Baldassare’s Hand befinden sieb in der Gailerie der Uffizien zu Florenz; das eine Blatt hat das Wasserzeichen zwei sich kreuzender Schwerter in einem Wappenschild. 2  Am Wege von Campofiore nach piazza Giudea malte er eine sehr schöne Farade C. Yom Jahre 1522—27. Im Jahre 1522 verliess Peruzzi auf längere Zeit Rom; bei dem Ban von Sanct Peter war nach dem Tode Leo X. im December 1521 wenig mehr zu tliun, da dessen Nachfolger Adrian II. den Künsten nicht freundlich gesinnt war. Seine Erwählung zum Papste veranlasste viele Künstler, von Rom wegzugehen, um anderswo thätig zu sein. Baldassare war von den Vorstehern von San Petronio in Bologna dahin berufen worden, um seine Meinung über die Vollendung des Domes dieser Stadt auszusprechen. Nach Vasari fertigte er zwei Pläne und zwei Ansichten zu diesem Bau, den einen im „modernen“, den anderen im „deutschen“ Stil; letzterer Entwurf wird noch jetzt in der Sacristei von San Petronio aufbewahrt. 1 Ercole Seccadenari sagte gelegentlich einer Rückspraelmahme mit der Bauverwaltung von San Petronio über die Pläne Peruzzi’s, welche ihm vorgezeigt wurden, obgleich sie sehr schön und gross seien, so trügen sie nichtsdestoweniger dem Zwecke des Baues nicht Rechnung, da sie nicht in Ueher- einstimmung mit der Form des Gebäudes seien. Seccadenari wurde 1530 zum Dombaumeister von San Petronio ernannt, dankte aber schon 31. De- cember 1531 wieder ab. Die Baugeschichte von San Petronio ist sehr schön von Springer geschildert worden in seinen „ „Bildern aus der neueren Kunstgeschichte „der gotliische Schneider von Bologna“. (Bonn. 1867. S. 147 ff.)““ In Bologna erblühte unserm Meister eine nicht unbeträchtliche Thätigkeit; er wohnte im Hause des Grafen Giovanni Battista Bentivogli und fertigte da die Pläne für S. Petronio, von denen Vasari besonders die schöne 1  Vergl. Johann Georg Müller aus San Gallen, memoria sul compimento dcl duomo di Firenze. 1847. Wir begnügen uns, der Vollständigkeit halber die trockene Aufzählung derselben in Anmerkung zu bringen. Vasari giebt weitere Mittheilungen über den Gegenstand der Malereien. Soviel ist im Ganzen zu erkennen, dass die Zeit von 1510 bis 1520 für Baldassare eine an Arbeit reiche war und wir müssen recht beklagen, dass nur sehr weniges von seinen Schöpfungen sich erhalten hat. Ueber seine noch existirenden Malereien aus derselben Periode möge man bei Crowe und Cavalcaselle nachlesen, welcher ihm das Lob zuertheilte: „Kann man ihn dem Lionardo, Michelangelo und Rafael auch nicht zur Seite stellen, so hat er doch Anspruch, unmittelbar nach ihnen und vor all’ ihren Nachfolgern genannt zu werden.“ Der ganze erstmalige Aufenthalt Peruzzi’s in Rom bot ihm aber nicht blos Gelegenheit zu bedeutenden Schöpfungen, er war auch sonst noch anregend für ihn in jeder Weise. Dort traf er mehrere alte Bekannte wieder, so Sodoma, welchen Agostino Chigi im Jahre 1507 nach Rom zog; er erlebte die bedeutenden Schöpfungen Rafael’s und Michelangelo’s im Vatican und in der Sixtinischen Kapelle, die Wiederentdeckung der herrlichsten antiken Sculpturen, des Apollo von Belvedere, des Laakoon und anderer. In diese Zeit fallen wohl auch Peruzzi’s Entwürfe für die Kirche San Giovanni de Fiorentini, welche er in Concurrenz mit Rafael, Antonio da San Gallo dem jüngeren, Michelangelo und Jacobo Sansovino machte; Letzterer erhielt von Papst Leo den Vorzug, „weil er, anderer Dinge zu geschweigen, an jeder der vier Seiten eine Tribüne und in der Mitte eine Grössere angebracht hatte, dem Grundriss ähnlich, den Sebastiano Serlio in seinem II. Buch über Baukunst giebt.“ (Vasari im Leben des Jacobo Sansovino.) Rafaels Tod gab Veranlassung zu einer neuen, bedeutungsvollen Thätigkeit Baldassare’s; 1. August 1520 wurde er förmlich zum Dombaumeister von Sanct Peter ernannt mit einem Jahresgehalt von 150 Dukaten und er blieb in dieser Stellung bis 6. Mai 1527. Leo X. hatte Peruzzi schon mehrfach verwendet gehabt, wie uns Vasari berichtet, und als er den von Bramante unter Julius II. begonnenen und von Rafael weiter betriebenen Bau zu vollenden beschlossen hatte, da schien ihm Rafael’s Plan mit dem immensen Langhaus vor dem ohnehin colossalen Centralbau zu gross, auch in mancherlei Dingen nicht in seinem Sinne passend zu sein, so dass er Baldassare beauftragte, ein neues Project zu machen, und so habe dieser, „ein neues, prächtiges und wahrhaft geistvolles Modell gemacht, mit so richtigem Urtheil, dass nach ihm andere Architekten sich desselben Planes in einzelnen Stücken bedient hätten.“ Unter die Arbeiten, welche Peruzzi in dieser Zeit ausführte, ist die Tlieaterscenerie zu der Comödie Calandra des Cardinal Bibiena zu rechnen, welch’ letztere vor Papst Leo X. zweimal aufgeführt wurde, das zweitemal im Jahre 1520. in teretta mit bewundernswerthen Perspectiven; ferner fertigte er im Aufträge des Messer Ferrando Ponzetti, nachmals Cardinal, Malereien links vom Eingang von Santa Maria della pace, endlich in derselben Kirche für Messer Filippo Sergardi aus Siena ein Madonnenbild, nahe dem Hauptaltar, ein Werk, welches Vasari seiner Figuren, seiner Architekturen und der bemalten Stuckrahmen wegen besonders lobt. Bei den Festdecorationen auf dem Capitol, welche das römische Volk 1515 dem Herzog Guiliano de Medici gelegentlich der TJeber- gabe des Commandostabes der hl. Kirche an ihn veranstaltete, malte er unter sechs Malern das unstreitig schönste Bild, 7 canne hoch, 3 1 /, breit, welches besonders durch seinen schönen architektonischen Hintergrund Staunen erregte. Für das Haus des Messer Francisco de Norica auf Piazza Farnese verfertigte er eine sehr schöne Thür in dorischer Ordnung, welche jetzt nicht mehr vorhanden ist. Nahe bei Piazza degli Altieri malte er eine vortreffliche Faradn für Messer Francesco Buzio, ein verschwundenes Werk. Bei den Banchi malte er a freseo ein Wappen, Papst I.eo’s X. und für den Siegelbewahrer Fra Mariano Fetti im Garten auf monte cavallo einen sehr schönen hl Bernhard in teretta. Für die Brüderschaft der hl. Katharina von Siena in strada Giulia zu Rom fertigte er eine bewundernswerthe Todtenbahre und viele andere lobenswerthe Din^e. Diese Todtenbahre schreibt Vasari im Leben des Timoteo da Urbino letzterem zu; nach den Editoren des Vasari Le Monnier wohl nicht mit Recht; denn Monsignore Giulio Sansedoni schreibt im Leben des Beato Ambrogio Sansedoni, die Originalzeichnung des Peruzzi in cliiaroseuro auf Papier habe dieser im Besitz gehabt. Nach Vasari fertigte er ferner die Zeichnung der Orgel der Kirche del Carmine in Siena, anderer unbedeutender Arbeiten nicht zu gedenken. Dieser Zeichnung der Orgel der Kirche del Carmine in Siena erwähnt Vasari noch einmal VIII. S. 230. Rom, Bologna, Siena. Erfindungsgabe rühmt, vermöge welcher Baldassare das Alte möglichst zu erhalten und mit dem Neuen in Einklang zu bringen suchte. Für seinen Gönner, den Grafen Bentivogli fertigte Baldassare eine Zeichnung in Chia- roscuro von Christi Geburt (nach Cavalcaselle Anbetung der Könige), ein durch treffliche Stiche auf 3 Platten von Agostino Caracci bekanntes Werk- dasselbe liess der Graf später von Girolamo Trevigi in Farben ausführen. ■— Von weiteren Arbeiten in Bologna führt Vasari die Zeichnung der Ivirch- thür von S. Michele in Bosco, des schönen Klosters der Olivatanennünche ausserhalb Bologna an, ferner Zeichnung und Modell zum Dom von Carpi, welcher nach seinen Angaben und nach den Regeln des Vitruv sehr schön ausgeführt worden sei, endlich die Kirche San Nicola, ein in Folge Peruzzi’s Abreise nach Siena unvollendet gebliebener Bau. 1 1  Die Editoren des Vasari Le Monnier theilen mit, Lamo habe in seiner „Gratioola di Bologna 15G0“ als weitere Bauten Peruzzi’s den Palazzo degli Albergati (nach Gsell Fels 1540 nach P. Plan erbaut) und einen anderen angeführt, welchen Messer I’anfilo del Monte von ihm in strada Galliera habe ausführen lassen, später den Munari, jetzt den Fioresi angehörig. Ueber die Zeit von Baldassare’s Aufenthalt in Bologna finden wir noch Folgendes verzeichnet: Vasari Le Monnier, IX. 53 und n. e. Eine Notiz über den erwähnten Carton im Leben des Girolamo da Trevigi; ferner die Mittheilung, dass der Carton, den man bis jetzt verloren glaubte, heutigen Tages in der Nationalgallerie zu London aufbewahrt werde, dann, dass eine gute Copie danach, von Agostino Caracci und von Bartolomeo Cesi gemalt, in Bologna bei Michelangiolo Gualandi zu sehen sei; endlich IX, S. 281 im Leben des Hugo da Carpi ist berichtet, derselbe habe die Manier des Chiaroscuro mit Holzstöcken nachzuahmen gesucht und Baldassare habe in rühmlicher Weise nach ihm ein Blatt in cliiaros-

9 10 Von Bologna kehrte Baldassare über Siena zurück nach Born, man könnte glauben, veranlasst dazu durch die Neuwahl des Papstes, Clemens VII. am 18. November 1523. Zeichnungen und Skizzen, welche sich in der Gal- lerie der Ufficien zu Florenz befinden, lassen vermuthen, dass Baldassare von Bologna aus auch einen Abstecher nach Ravenna unternommen hatte. Nach Vasari war er fast gezwungen, Siena seinen Besuch abzustatten, um die Zeichnungen zu den Befestigungswerken der Stadt zu liefern und dieselben auszuführen. Ob Peruzzi damals noch Anderes in Siena baute, darüber fehlt jede Nachricht, auch war sein Aufenthalt nur ein kurzer, dagegen mag er zu mancher Arbeit angeregt worden sein, namentlich zu den Entwürfen für das Kloster del Carmine. In Rom angekommen, lässt ihn Vasari zur Papstwahl die Krönungs- scenerien angeben, auch habe er in Sanct Peter die Fagade der Hauptkapelle aus Peperin vollendet, welche schon Bramante angefangen hatte, sodann in der Kapelle, wo das Broncegrabmal Papst Sixtus ist, die Malereien der Apostel in den Altarnischen in Chiaroscuro ausgeführt, endlich die Zeichnung zu dem Sacramentshäuschen angefertigt, ein untergegangenes Werk. 1  Im Auftrag des Cardinal Hinkwoirt entwarf er die Zeichnung für das Grabmal Adrian VI. in der Chorkapelle von Santa Maria dell Anima zu Rom: die Malerei besorgte er selbst, die Skulptur übergab er seinem Landsmann Michelangelo da Siena. Das Denkmal wurde erst 1529 vollendet. (Vergl. 1  Nach L. existirt von genannten Malereien allein noch S. Petrus und befindet sich in den grotte nuove des Yatican. Vasari IX, 17 im Leben des Michelangelo da Siena dahin bezügliche Nachrichten.) Eine sicher verbürgte Schöpfung Peruzzi’s, welche Le Tarouilly in das Jahr 1525 datirt, ist der kleine Palazzo Ossoli in Rom; Originalhandzeichnungen dazu befinden sich in der Gallerie der Ufficien zu Florenz wie Albert Jahn zuerst nachwies. Dieser schöne Bau erinnert lebhaft an die Villa Farnesina, zwei zierliche Pilasterstockwerke über einem kräftigen Rusticaerdgeschoss, dessen Eingangsthür durch ein antikes, an Ort und Stelle gefundenes Friesstück geziert ist. 1 Nach Vasari baute Baldassare nach seiner Rückkehr von Bologna und Siena nach Rom gegenüber dem Palazzo Farnese ein Haus und einige andere in der Stadt. Ehe wir in der Lebensbeschreibung Baldassare Peruzzi’s weiter schreiten, geziemt es sich wohl, derjenigen seiner architektonischen Arbeiten zu gedenken, über welche uns seine Handzeichnungen in der Gallerie der Ufficien zu Florenz Kunde geben. 1  Die Editoren des Vasari-Le Monnier erwähnen der Kirche Santo Spirito in Saxia, früher dem Antonio da San Gallo giovane zugeschrieben, als eines Werkes von Peruzzi; ferner Sant Eligio degli orefici, früher dem Bramante zugeschrieben. Eine Zeichnung in den Ufficien zu Florenz trägt nach L. die Aufschrift „di Mo Baldassare da Siena, chiesa degli orefici in Roma“.  Jahn führt in den Jahrbüchern für Kunstwissenschaft II, S. 145 an, dass auf einer Zeichnung, Bd. II der Sammlung architektonischer Handzeichnungen in den Ufficien zu Florenz geschrieben steht „ S . Alo degli orefici in Strada Julia , in verso il fiume, opere di Rafaello da Urbino“,  welche Mittheilung ich nur bestätigen kann. C. Handzeichimiigen zu Werken Peruzzi’s in Rom aus dieser Zeit und Peruzzi’s Leben in Siena 1527—35. Betrachten wir die Thätigkeit Baldassare Peruzzi’s in Rom, soweit sie nns aus noch vorhandenen Plänen und Entwürfen bekannt ist, so wäre ganz besonders seine Betheiligung am Bau von Sanct Peter zu erwähnen. Wenn auch so gut wie nichts an dem Bau bestellt, was Peruzzi zuzuschreiben ist, so spielt dieser Riesencentralbau doch in seinem Künstlerwirken eine erste Rolle. Der Vorgänge und Begebenheiten beim Bau von Sanct Peter haben wir ausführlich schon erwähnt in dem neunten und zehnten Heft des Jahrgangs 1874 der Zeitschrift für bildende Kunst. Wollten wir hier die sämmt- liclien Pläne und Skizzen Peruzzi’s zu St. Peter in Abbildung mittheilen, ausführlich beschreiben und besprechen, so würden wir der in nächster Zeit zu erwartenden grossen Publication über Sanct Peter von II. v. Geymüller vorgreifen, welche alle diese Pläne bekannt machen wird, würden ferner einiger- massen in Verlegenheit gerathen, indem die vielen vorhandenen Pläne und Skizzen Peruzzi’s die Baugeschichte von St. Peter eher zu verwirren als aufzuklären imStande sind; denn, da theihveise alle Vermittelungen und Ueber- gänge zwischen diesen Plänen fehlen, so wird man versucht, auf eine Anzahl verloren gegangener Blätter zu schliessen. Wir begnügen uns daher hier mit einigen Andeutungen und allgemeinen Bemerkungen sowie wenigen Skizzen. In den Zeichnungen zu St. Peter finden wir, wenn man so sagen darf, fast alle Gedanken Peruzzi’s über Kirchenbau vereinigt. Einzelmotive dieser Pläne finden sich bei allen seinen Kirchenprojecten wieder. Vielleicht hat kein Baumeister der Renaissance so vielfach sich mit den Centralanlagen beschäftigt, wie Baldassare; leider ist kaum einer dieser Entwürfe als ausgeführt zu bezeichnen, es müsste sich denn etwa heraussteilen, dass S. Maria della consolazione in Todi sein Werk wäre; sicherlich aber darf man annehmen,, dass Peruzzi’s Studien über den Kirchenbau sowohl für seine Zeitgenossen, namentlich Antonio da San Gallo giovane, sowie seine Schüler und Nachfolger, einflussreich waren. Wiederholen wir kurz die Daten der Baugeschichte von St. Peter, so weit sie nöthig sind, um Peruzzi’s Stellung zu der Sache zu verstehen. 1450 hatte Bernardo Rosellino unter Papst Nicolaus V. und in dessen Auftrag als Ersatz für die baufällig gewordene alte St. Petersbasilika einen Neubau des Chores und Querschiffes begonnen, dessen Mauern aber bei dem Ableben des Bauherrn nicht mehr als etwa drei Ellen aus dem Boden hervorragten. Michelangelo war es, der etwa 1504 zuerst auf diese Mauerreste wieder aufmerksam machte, als Papst Julius II. sich noch bei Lebzeiten von ihm ein Grabdenkmal errichten lassen wollte, und Giulano da San Galio hatte den Vorschlag gemacht, anstatt eine Grabkapelle zu errichten, den Neubau von St. Peter wieder aufzunehmen. Sein Vorschlag fand Beifall, und nichts war natürlicher, als dass Giuliano, dem der Bau vom Papst versprochen worden war, von dem Gedanken ausging, diese Rosellinischen Fundamente zu benutzen. Doch Julius II. dachte wohl, der erhabenste Tempel der Christenheit müsse alle Tempel überbieten, welche das heidnische Alterthum seinen Göttern errichtet hatte, und er fand einen, der Grösse seines eigenen Geistes ebenbürtigen Künstler in Bramante; dieses Meisters kühner Gedanke, welchen er seinem Plane zu Grunde legte, das Pantheon auf den Friedenstempel, wie die Constantinsbasilika genannt wurde, zu stellen, leuchtete dem heroischen Kirchenfürsten mehr ein, als Giuliano da San Gallo’s tüchtiger und schön durchgearbeiteter, aber nicht sehr imposanter Kirchenplan, und Bramante begann den Bau; am 18. April 1506 fand dessen Grundsteinlegung statt. Nach dem Tode dieses Meisters sowie des Papstes Julius II. waren Rafael, Fra Giocondo und der von Florenz zurückberufene Giuliano da San Gallo am Bau von St. Peter hauptsächlich damit beschäftigt, Brainante’s Fehler wieder gut zu machen, und den aus allen Fugen gewichenen Bau zu sichern. Rafael hatte einen schönen Plan entworfen, welcher als eine Combination der Bra- mante’schcn und San Gallo’schen Gedanken zu betrachten war. Als endlich curo gefertigt, Herkules darstellend, wie er den Neid vom Parnass verjagt. Nach Mancini und P. della Valle in ihren „lettere sanesi“ hat Baldassare das Thor der casa Sacrati in Ferrara errichtet. Cavalcaselle erkennt in diesem Carton eine Annäherung an Rafaels Auffassungsweise, ohne dass eine sclavische Abhängigkeit zu bemerken wäre, und findet eben so, dass schon die früheren römischen Malereien Peruzzi’s das Studium der Werke Rafael’s und Michel- angelo’s verrathen. nach Rafael’s Tode Peruzzi beauftragt wurde, einen neuen Plan zu entwerfen, welcher zugleich geringer in den Dimensionen sein sollte wie derjenige seines Vorgängers, da lagen ihm zunächst als Anhaltspunkte für seine Composition vor: 1) die Rosellini’schen Grundmauern des Chores, welche, wie es scheint Bramante weder abgerissen noch überbaut hatte; 2) die 4 Bramante’sehen Kuppelpfeiler; 3) eine Reihe von Plänen seiner Vorgänger; 4) Bramante’s Gedanke, Pantheon und Constantinsbasilika zu einem Ganzen zu vereinigen. Ein Plan, welcher diesen 4 Punkten Rechnung trüge, würde etwa wie Fig. 1, Tafel I ausselien; dieser, bei Geymüller 1  Blatt 19 bezeiclmetc Entwurf ist wohl der erste, den Peruzzi überhaupt zu St. Peter anfertigte. Zwei weitere Planskizzen (Blatt 18 und 23 hei Geymiiller) bilden das Langhaus weiter aus und ein vierter endlich, welchen wir in Fig. 2 (Blatt 17 bei Geymiiller) Tat. I sehen (das Original ist bloss eine Skizze, der Chor ist hier nach den anderen Plänen ergänzt), ist, da ihm ein summarischer Kostenanschlag bei- gefiigt ist, als die definitive Lösung dieser Aufgabe zu betrachten. Der Chor ist bei allen diesen 4 Studienblättern in der Weise des Rosellini’schen Chorbaues gedacht, wie aus einem Vergleich mit demselben (Tafel II.) hervorgeht, innen halbrund, aussen in Form eines halben Sechsecks gezeichnet. Die Bildung der Querschiffe erinnert an diejenige des ersten Projektes zu St. Peter von Giuliano da San Gallo. Da nun zu der Zeit, als Peruzzi an den Bau kam, die Bramante’schen Kuppelpfeiler sowie andere Theile des Baues schon bestanden, auch Bramante’s Plan eben so wie der seines Nachfolgers Rafael im Princip nicht umgestossen werden konnte, welches doch wohl weniger darin zu suchen ist, ob man ein Langhaus anordnete oder nicht, als vielmehr in dem vollständigen Aufgeben eines Querschifis und der Umwandlung desselben in zwei gerade so gestaltete Arme, wie der östliche des Chores war, also eine Dreiconchenanlage, so darf man wohl nicht ohne Grund diese 4 Blätter als blosse Versuche Peruzzi’s ansehen, um sich selbst in die ganze ihm vorliegende Aufgabe einzulehen; diese Annahme würde insofern gerechtfertigt sein, als damit der beste Weg eingeschlagen worden wäre, um dieselbe in ihrem ganzen Umfang kennen zu lernen. ln dem erwähnten Aufsatz iiher St. Peter in der Zeitschrift für bildende Kunst haben wir nachzuweisen versucht, dass einige zu St. Peter gehörige Blätter, welche Aehnlichkeit mit Bramante’s Entwurf für diesen Bau haben, von Peruzzi’s Hand und dem Gedanken entsprungen seien, die Chorumgänge in den Plänen Giuliano da San Gallo’s und Rafael’s mit dem Bramante’schen Plan zu vereinigen, dass aber dieser Versuch gescheitert sei und dass man eine Reihe von Zeichnungen Peruzzi’s (bei Geymüller Blatt 17, 24, 26, 27, 30) als Vorstufen zu seinem endgültigen, von Serlio mitgetheilten Plan betrachten müsse; derselbe ist auf Taf. II. mitgetheilt, und sowohl alt St. Peter als der Rosellini’sche Chor darin eingezeichnet. Wir haben ferner zwei vorzüglich schöne Entwürfe zu einem Centralbau, Fig. 1 und 2 auf Taf. III, als Versuche Peruzzi’s •angesehen, die in Bramante’s Plan gegebenen baulichen Motive unter anderen Bedingungen zu einem schönen Ganzen zu vereinigen; diese zwei reizenden Anlagen erinnern an St. Lorenzo in Mailand und San Vitale in Ravenna. Die schönen Vorhallen aus Bramante’s Plan zu St. Peter kehren hier wieder, und das Motiv ist verwirklicht in der bekannten Loggia der Villa Madama. Baldassare Peruzzi hatte kühne Gedanken; wer würde es wagen, das Pantheon überbieten zu wollen? Zwei Skizzen, welche wir hier in Fig. 3 und 4, Taf. III. wiedergeben, beweisen, dass Baldassare sich mit dem Gedanken trug, ein ähnliches, aber noch grösseres und schöneres Gebäude als es das Pantheon ist, zu entwerfen. Der Durchmesser der Kuppel ist zu 214 palmi — 47.8 meter angegeben, während das Pantheon nur 42 meter lichte Weite hat. Der Innenraum zeigt eine prächtige Architektur, mächtige Gurtbögen von 60 palm Spannweite über einer jonischen Säulenordnung von 70 palm Gesammthöhe inclusive des Gebälkes bei 6 palm Säulendurchmesser; zwischen den 8 Säulengruppen tiefe halbrunde und rechteckige Nischen, um welche sich eine kleinere Säulenreihe im Inneren herumzieht. Die Kuppel beginnt in einer Höhe von 28.3 meter (128 palmi) über dem Fussboden, also über 6 meter höher als bei dem Pantheon. 1  Notizen über die Entwürfe zu St. Peter in Rom. Karlsruhe. 1868.

A 10177  toi 11 Der ganze Bau ist umgeben von einer offenen Säulenhalle mit 16 Säulenpaaren, und tiefe halbrunde Nischen schmücken die Wandfläche dieses Porticus. Dass diese Studie nicht etwa zu St. Peter gehört und dessen Tambour unter der Kuppel vorstellen soll, ergiebt sich schon aus den Dimensionen, und eben dieselben würden es nicht zulassen, diese Skizzen als einen Restaurationsentwurf für das Pantheon zu erklären. Aus einer kleinen Handskizze Baldassare’s, welche die wichtigsten Maasse der Innenarchitektur enthielt, konnten wir ein ungefähres Bild derselben wiedergeben. In Rom existirte ein merkwürdiges Gebäude aus römischer oder altchristlicher Zeit; Giuliano da San Gallo hat eine grosse Aufnahme davon gemacht, welche sich in dessen Pergamentcodex auf der Barberini’schen Bibliothek zu Rom, betitelt: „Questo libro e di Giuliano di Francesco Giambcrti Architetto Nuovamcnte Da San Gallo chiamato. c. molti disegui misurati et tratti dallo Anticho. Chominiciato a. D. n. S.  il/. CGCC.L.X V. in Doma“, befindet. Figur 1, Taf. IV. giebt eine verkleinerte Copie des Grundrisses dieses Baues; dabei geschrieben steht tempio a lato cd Datesimo di Chostantino a Doma.  Fig. 2, Tafel IV. giebt denselben Grundriss vereinfacht, nach einem Blatt von der Hand des Giuliano da San Gallo in den Ufficien; dabei geschrieben steht von ihm selbst: A San Giovanni in latercmo cioe a San Giovanni in fönte. Das im Original beigefügte Maass „palmi 19“ ist von Baldassare’s Hand und ebenso eine Aussen- und Innenansicht des Gebäudes auf demselben Blatt, welche in Fig. 3 und 4 derselben Tafel wiedergegeben sind. Dieses Grundrissthema bearbeitete nun Peruzzi auf verschiedenen Blättern ; zunächst gehören hieher die Skizzen Fig. 5, 6, 7 auf Tafel IV., sodann zwei andere, Tafel V, Fig. 1 und 2, endlich ein grosser Grundriss, Tafel V., Fig. 3. Die Bestimmung dieser Pläne ist unbekannt. (Vergl. Januarheft der Zeitschrift für bildende Kunst, Jahrgang 1875, Seite 119, p.) Hier mögen drei kleine Skizzen Peruzzi’s eingeschaltet werden, deren Bestimmung ebenfalls unbekannt ist, Taf. VI, Fig. 1, 2 und 3. Auf demselben Blatt mit dem Wasserzeichen der Sirene, auf welchem die Grundrissskizze Fig. 1 Tafel IV. gezeichnet ist, sowie auf einigen dazu gehörigen Blättern befinden sich Skizzen eines runden Säulenthurmes nach Art der Septi- zonien. Vielleicht hatte eine ähnliche Bestimmung auch die in Fig. 2 und 3 auf Tafel VI. skizzirte Anlage, wenn nicht etwa damit eine Grabkapelle oder etwas Aehnliches gemeint ist. Zwei merkwürdige Kirclienplänc endlich, Taf. VII., Fig. 1 und 2 erinnern in ihrer Chorausbildung an die obenerwähnten Studien auf Tafel IV. 12 und V. Ob dieselben überhaupt von Baldassare Peruzzi sind, erscheint mir zweifelhaft, trotzdem sie in dessen Mappe liegen. Der Charakter der Originalblätter erinnert eher an Antonio da San Gallo giovane. Tafel VIII, Fig. 1 und 2 gehören zu den schönsten Arbeiten Peruzzi’s; Pläne für dasselbe „ospedale S. Jacobo delli Incurabili“ des jüngeren Antonio da San Gallo lassen erkennen, dass beide Meister gleichzeitig mit Entwürfen zu demselben Bau beschäftigt waren. Betrachten wir zunächst den Plan Fig. 1 mit' seinen Aufschriften von der Hand Peruzzi’s. a.  vestibulo. Einfahrt, daneben befindet sich die b. arromatarja , Apotheke, eigentlich Gewürzkammer, c. oaalis p. (per) portjo , long. pcd. 118, latum pcd. 90,  ein schöner eliptischer Raum, an welchem die Kirche cl,  die Sacrctja e.  und eine Treppe liegen. In diesen Raum c.  gelangt man auch direct von der Strasse s., benannt flaminia via, jetzt der Corso. Von c.  führt eine Thür in den grossen Hof, cauedium  von 150 auf 107 palm, in dessen Mitte der Brunnen, cisterna l.  Bei der Halle l.  steht beigeschrieben: testudinatii opus, palmi 148,  also tonnengewölbt (flaches Kappengewölbe), da die 4 Ecken der Hallen mit Kuppeln bedeckt sind. An diesen Hof schliessen sich alle übrigen Räume an, und zwar /'. triclinia sive consilkirio,  Speisesaal oder Berathungs- saal. g.  Tablinum, Empfangszimmer mit heizbarem Zimmer ccrncra, h.  und ebensolchem Vorzimmer, anticamera i.  Bei k.  ist ein lavatorium , Waschraum mit Camin, Wassertrog und zwei in der Ecke befindlichen Behältern. Dieser Raum liegt neben einem Vestibül an der Strasse und ist sowohl durch Corridore mit dem Hof in Verbindung als auch mit der Halle r., bei welcher geschrieben steht ortis sancti Jacobi in augusta. m.  ist als pinacotheca , n. als camerci  bezeichnet. Bei o.  stellt: a!ja cutjina servens duo ospital;  da der Originalplan sehr stark in seinem oberen Theil beschädigt und auch unvollständig ist, so scheint an dem zweiten angedeuteten Hof ein zweites Spital projectirt gewesen zu sein, für welches diese Küche o.  gleichzeitig diente. p. ospited p. ( pro) homjnib ( us) gut habent uercundiam , Krankensaal für Geschlechtskranke. Bei cp  steht (volta) testudinatii dicitur,  also auf dieselbe Weise gewölbt wie die Hallen des ersten Hofes. Die ganze linke Seite des Planes ist zerrissen, so dass alles Punktirte der Zeichnung im Original fehlt. Das Projekt Tafel VIII, Fig. 2 ist gezeichnet von Peruzzi’s Hand; ebenso sind die Aufschriften von ihm. Dagegen steht von der Hand des Antonio San Gallo giovane dabei geschrieben: San Jacobo degli Incurabili.  Bei a. steht Scoperto, unbedeckter Raum, bei b. sagrestia ; demnach ist der Rundbau wohl Kirche, c.  ist als cortile,  Hof bezeichnet, von II canne Länge; die Eingangshalle ist 11 * 1 / 2  canne lang. Der Plan ist wohl nur ein Bruchstück oder eine Detailstudie zu einem anderen Grundriss, der verloren ging. D. 1527-1534. Siena. Die Plünderung Roms im Jahr 1527 spielt im Leben aller damals in der Weltstadt ansässigen Künstler eine bedeutende Rolle. Peruzzi wurde schwer durch sie betroffen; er verliess Rom am 6. Mai 1527, an dem Tag, an welchem der Sturm auf die Leonina stattfand, wurde aber von den Spaniern gefangen genommen, die den ernst, edel und angenehm aussehenden Mann für einen verkleideten Prälaten hielten und ihn brandschatzten, plagten und quälten. Als sie in Baldassare einen Maler erkannt hatten, nöthigten sie ihn, das Bildniss des übel berüchtigten Connetable von Bourbon zu malen; endlich befreit, nahm er seinen Weg über Porto Ercole nach Siena, wurde jedoch unterwegs bis auf’s Hemd ausgeplündert, und kam so nach Siena, woselbst er aber ehrenvoll aufgenommen und von Freunden neu gekleidet wurde. In Siena war nun Baldassare Peruzzi neuerdings während mehrerer Jahre in vielseitiger Tliätigkeit, über welche uns viele sicherverbürgte Notizen überliefert und von den Editoren des Vasari Le Monnicr mitgetheilt sind. Am 10. Juli 1527 wurde von verschiedenen Bürgern ein Antrag bei der Signorie eingebracht, um Peruzzi mit einem festen Jahresgehalt als Architekten der Republik anzustellen; 31. August 1527 wurde das Schriftstück ratifizirt, und er erhielt ein Stipendium von monatlich 5 Ducaten für die Zeit vom 10. Juli 1527 bis 10. Juli 1529. Nebenbei baute er 7 Bollwerke zur Befestigung der Stadt; nur noch eines von ihnen, bei Porta San Viene oder dei IMspini befindlich, existirt heutzutage und wurde in neuerer Zeit restau- rirt; es gleicht eher einem Architekturschmuck als einem Vertheidigungswerk. Das andere Bollwerk bei porta Laterina bildet jetzt die Umzingelung des Gartens dei Buonsiguori. Nach Vasari wurden in der Zeit von Baldassare’s Aufenthalt in Siena demselben zwei Söhne geboren, Giovanni Salustio, auch Salverio und Salvestro genannt, der später in die Fussstapfen des Vaters trat, und Onorio, welcher Maler und hernach Dominicanermönch wurde. Ausser seinen Arbeiten für die Stadt, unter denen Gaye II. 121 in einem Brief von 1528 die Erbauung der Kirche der unbefleckten Empfängnis^ neben der Kirche S. Giovanni erwähnt, baute Peruzzi eine Menge von Häusern für seine Mitbürger, wie unser Gewährsmann Vasari mittheilt. Nach den Editoren des Vasari Le Monnicr wurde er 1528 nach Ascanio eingeladen, um die Stadtmauern zu restauriren. 1528 machte er ferner Kostenberechnungen über die Herstellung der Brücke unter Orcia bei il bagno die Vignoni; im selben Jahre wird er genannt bei einer Bcrathscblagung, wo man die Kirche San Giovanni in Pan- taneto di Siena hin bauen solle. 23. Februar 1529 wird seine Stellung als Architekt der Republik auf ein weiteres Jahr bestätigt; 8. März 1529 besichtigte er wieder die Fortifica- tion von Cliiusi. 10. Juli 1529 wird er zum Baumeister des Domes zu Siena ernannt, zu welchem er verschiedene Zeichnungen, dazu diejenigen der Broucethüren fertigte. Am 26. September 1529 schätzt er die Fresken des Sodoma im Saal dei Mappamonde im Signorienpalast zu Siena. 1 1  Ueber Baldassare’s Beziehung zu Giovann Antonio detto il Sodoma finden wir im Leben desselben bei Vasari folgende Notiz: In der Kirche San Domenico in der Kapelle der Am 22. September 1529 wurde Baldassare von der siencsischen Republik gegen Florenz in’s Feld geschickt; am 20. October meldet er von Poggi- bonsi, dass es leicht sei, die Festung von Poggio Imperiale einzunehmen und das ganze valle d’Elsa zu besetzen. 1529 fertigte er die Zeichnung für die Wiederherstellung der Mauern von Torrita. 1 1531. Wird mitgetheilt, dass Peruzzi den Carton Beccafumi’s, Moses die Gesetztafeln empfangend, eine der für den Fussboden des Domes zu Siena bestimmten Compositionen, beurtheilt habe. Beccafumi’s Bild Lucifer habe Peruzzi nicht genug loben können, und als Vasari mit diesem bei seiner Durchreise durch Siena es gesehen hätte, sei er selbst in Verwunderung gerathen. (Vasari. Leben des Beccafuini.) Vom Jahre 1531 wird ferner berichtet, Baldassare habe eine neue Methode erfunden di „stozzare le monete.“ 1531 geht er in die Marennnen von Siena, um die Bergschlösser dieser Provinz wieder zu besichtigen. Vom 28. October 1531 ist eine neue Petition der Sienesen datirt, um Baldassare neuerdings als Architekt der Republik zu erhalten. 1532 besichtigt er die Verpfählung und die Brücke von Buonconvento. Im selben Jahre liefert er die Zeichnung zum Ilauptaltar des Domes zu Siena. 12. October 1532 endlich werden ihm von der Republik Siena die Renten der Marsiliana für 11 Jahre angewiesen. Zu den Werken Peruzzi’s in Siena gehört die Villa Belcaro, V/ 2  Stunden von der Stadt entfernt. Er erbaute sie für einen Banquier Crescendo Turamini, welcher die schon 1199 genannte villa 1525 als eine Festung kaufte; im Atrium malte Peruzzi das Unheil des Paris, in der Loggia reizende Schilderungen (storie), in der Kapelle die Decorationen in Chiaroscuro, die vier Evangelisten und einige Märtyrer. 2 Von Peruzzi’s Malereien dieser Zeit ist ausserdem sein Frescobild, die Sibylla, dem Kaiser Octavian weissagend, in der Kirche Fontegiusta in Siena zu nennen. heiligen Katharina, wo in einem Tabarnakcl der Kopf der Heiligen in einer Silberkapsel sich befand, malte Giovann Antonio zu beiden Seiten des Tabarnakels zwei Historienbilder; in dem Bilde rechts ist die heilige Katharina dargestellt, wie sie die Wundmale Christi empfangen hat; sie liegt ohnmächtig in den Armen zweier ihrer Klosterschwestern und Christus schwebt über ihr. Als Baldassare Peruzzi dies Bild sah, sagte er, er habe niemals den Ausdruck der Ohnmacht und Erstarrung treffender und wahrheitsgetreuer dargestellt gesehen, als es Giovann Antonio vermocht habe. 1  Palazzo Altemps wird dem Peruzzi theilweise zugeschrieben und soll nach Le Ta- rouilly 1530 begonnen sein. Gaye II. 180 führt einen Brief von 1531 an, in welchem der Reparatur der Casematten von Porto Ercole durch Peruzzi gedacht wird. Le Tarouilly rechnet zu Peruzzi’s Arbeiten den Palazzo Costa, via di Borgo nuovo in Rom und datirt ihn 1530. Dürfte kaum diesem Meister zuzusclireiben sein. 2  Ueber weitere, dem Peruzzi zugeschriebene Arbeiten in Siena, erfahren wir von den Editoren des Vasari-Le Monnier folgendes. Für den Kreuzgang und Glockenthurm von Carmine in Siena fertigte er Entwürfe, von welchen in Mappe 209 der Sammlung der Uffizien zu Florenz noch einige Blätter mit seiner Unterschrift existiren. Von ihm kann wohl die Zeichnung des Thores von S. Spirito 1

E. Hamlzeicliimiigen des Peruzzi 1527—35 Betrachten wir nun wieder die architektonischen Handzeichnungen des Meisters. Die sämmtlichen Zeichnungen Baldassare Peruzzi’s, welche in den Uffizien zu Florenz sich befinden, sind entweder nach Florentiner Ellen gemessen oder in römischen pahnen, d. h. sie gehören entweder in die Zeit seines Aufenthaltes in Siena oder in diejenige von Rom. Aus seiner Jugendzeit, die er in Siena zubrachte, ist kaum etwas er. halten; was von Siena vorhanden ist, kann entweder in die Zeit von 1522 datirt werden, als Peruzzi von Bologna dahin kam, oder in die Zeit nach dem Sacco di Roma, von 1527 an. * Pläne zum Umbau von S. Domenico in Siena, Tafel IX. Fig. 1 u. 2, Tafel X. Fig. 1 u. 2. Die Aufgabe für Peruzzi war, den bestehenden mittelalterlichen Bau in den Formen der Renaissanse umzugestalten und die Kirche zu wölben. Die Kirche besteht aus Lang- und Querschiff, an das sich im Osten je drei Kapellen anreihen, nebst Chor. An der Nordwestecke des Querschiffs steht der Campanile. An der Südwestseite des Querschiffs liegt zwischen ihm und dem Kreuzgang die Sakristei nebst der Capelle der hl. Catharina und dem dahinterliegenden Reliquarium. Das Schiff hat die bedeutende Breite von 34 3 / 4 Ellen — 20.45 meter. Die Strebepfeiler im Aeusseren sind schon vorhanden gewesen. Peruzzi legt vor die 5 mittleren Strebepfeiler des Schiffes im Inneren Halbsäulen von 3 Ellen Durchmesser. Die letzten Strebepfeilerpaare im Osten und Westen werden im Inneren durch vorliegende Pfeiler clxarak- terisirt und zwischen ihnen Nischen angeordnet; im Westen bringt Peruzzi eine halbkreisförmige Apsis an. Im Aeusseren ist je das 2. Strebepfcilcrpaar entweder mit einer halbkreisförmigen oder rechteckigen Nische verbunden, und vor die Strebepfeiler sind flache Pilaster vorgelegt. Aus den Dimensionen der inneren Halbsäulen von 3 Ellen Durchmesser lässt sich auf eine jonische Säulenordnung ohne Postamente schliessen, sowie auf eine Ueberdeckung des Langhauses mit einem Tonnengewölbe. Auf der linken Seite des Originalplanes steht geschrieben: „nmra sopra terra can. 1425“  und ,, volla in piano can. 236.“  Diese Angaben sind schwer zu verstehen, da die Maasse selbst dann nicht passen, wenn man annimmt, es seien canne gemeint und hinter der Ziffer 14 und 23 ein Punkt zu setzen, so dass die Reste Decimalen bedeuten würden. Bei dem zweiten Plane zum Umbau von S. Domenico in Siena Fig. 2 sind Langschiff und Querschiff mit je zwei kleineren und einer grösseren Mittelkuppel bedeckt, die Strebepfeiler ganz nach Innen gezogen. Im Westen wieder die Apsis. Mittelschiffweite 3372 braccien = 19.5 ra . Am rechten Qucrschiffflügel und am ersten Joch rechts ist der Versuch gemacht, die Kuppeln über flachen Nischen sich erheben zu lassen. Die Säulen haben 2 Ellen Durchmesser, sind also, wenn jonisch, 20 Ellen hoch, inclusive Gesims 24 Ellen. Also Höhe der Kirche circa 72 Fuss. Bei corinthischer Ordnung würde herauskommen etwa: Säulenhöhe 20 Ellen, inclusive Gebälk 26 Ellen, bis zum Gewölbscheitel 42 Ellen. An dem Plan steht ausser der Benennung der Räume beigeschrieben: V 7000. Cole cornici e basamenti dela opera generale cioe di-mattoni tag- liati o tcrracotta, e interra di tiburtino, le base delle colonne interiori e seuza colonne tonde.  Dies heisst demnach, wenn das Delta die Abkürzung für Du- cati ist: Der Bau kostet inclusive der Sockel- und Hauptgesimsgliederungen des gesummten Werkes, der Backsteine, Terocotten und Travertinsteine, der inneren Säulenbasen exclusive der Rundsäulen (welche vielleicht von Marmor werden sollten) 7000 Ducaten. Ferner ist beigeschrieben: „Facendo li fondamenti braccie 4 in fondo, cioe sotto el pavimento“ , also die Fundamente sind auf 4 Ellen Tiefe unter dem Fussboden veranschlagt. Vielleicht ist der dritte Plan, Tafel X Fig. 1 der vollendetste zu nennen. Er zeichnet sich besonders dadurch aus, dass die Capelle der heiligen Katharina in schönerer Weise mit dem Langhaus verbunden ist, wie bei den beiden früheren Plänen. Eine kleine perspectivische Randskizze Peruzzi’s gibt über die Innenarchitektur Aufschluss, welche wir in Fig. 2, Tafel X. veranschaulichen. Am Rande der Originalzeichnung steht: „V 5000 sensu base e capi telli e cornici“,  also die Kosten belaufen sich auf 5000 Ducaten ohne die Säulenhasen und Kapitäle, sowie die Hauptgesimse. Fig. 3 Tafel X. Der hier mitgetheilte Kirchenplan scheint für die Kirche neben der Loggia de’ Papi in Siena bestimmt zu sein. Die lichte Weite der Kirche von Pfeiler zu Pfeiler gemessen ist auf 15 Ellen, die totale innere Länge derselben bis zur Flucht der Ilauptfacade auf 48 Ellen angegeben. Bei a.  steht geschrieben: „volta aucta ouovo a eonca“,  bei h sein; über die ihm zugeschriebene Casa Mocenni bei dem Platze la lizza, sowie casa dei Celsi, jetzt Pollini sind nur sehr zweifelhafte Traditionen vorhanden. Pas ihm zugeschriebene oratorio di S. Giuseppe kann auch von Iticcio sein. San Bastiano in valle piatto, 1507 begonnen, kann nicht von Peruzzi sein, eben so wenig wie die Kirche San Giovambatista in Pantaneto, welche zwar nach seinen Angaben begonnen, aber von Giovanni Batista Peloro fortgesetzt wurde. Die Kirche de Servi ist 1471 begonnen worden und als sie 1511—1528 fortgeführt und vollendet wurde, so scheint dem Werk ein Meister Ventura di Ser Giuliano Turapilli, Steinschneider und sienesischer Architekt bis 1522, seinem Todesjahr, vorgestanden zu haben. Kirche und Convent Santa Marta, jetzt Waisenhaus, ist von einem Architekten Antommaria Bari, genannt il Tozzo, aus Siena im Jahre 1535 gebaut. In Mappe 210 der Ilandzeich- nungen in der galleria reale zu Florenz befindet sich ein Project Peruzzi’s zur Festung Cap- rarola mit dessen eigener Unterschrift »Ser Silvestro da Caprarola ebbe jidi IG da me Baldassare architetto da Siena.*  Vasari hatte den Antonio San Gallo giovanne als Verfasser genannt. Burekhardt hatte dem Peruzzi noch zugeschrieben das schon früher erwähnte Kloster der Observanza, den Arco alle due porte, das Innere von villa Saraeini, das Ilöfcben über Santa Catharina, endlich den Orgellcttner in der Kirche della Scala. „loggia alta braccia 12“, also Loggia, 12 Ellen hoch. c. ist der Glocken- thurm, d.  die Sakristei, und bei c.  stellt „loggia braccia 42“, also die Hallen des Hofes sind 42 Ellen lang. Tafel XI, Fig. 1, 2, 3. Ein sehr schönes Kirchenprojekt, nach dem Wasserzeichen des Papieres, einer Leiter, ebenso wie nach denMaasscn in Ellen zu schliessen, zweifellos für Siena bestimmt, zu welchem eine Variante in Baldassare’s Skizzenbuch auf der Stadtbibliothek zu Siena sich befindet, zeigt eine Kreuzkirche mit drei, respective vier Absiden mit Umgängen, die sich hei den zwei Projecten mit einem Langhaus um dasselbe als Seitenschiffe herumziehen. Die Gestalt der Pfeiler im Inneren erinnert an diejenigen des dritten Projectes für San Domenico in Siena, die ganze Anlage an S. Maria im Capitol zu Cöln, sowie an Peruzzi’s Studien zu St. Peter in Rom, dann an S. Maria della consolazione in Todi. Die Kirche hat bedeutende Dimensionen , da nämlich bei den drei Projecten laut eingeschriebener Maasse die Mittelschiffweiten 25, 28 3 / 4  und 31 5 /s braccien betragen, also 50—GO Fuss Spannweite. Bei den beiden letzten Varianten ist die Totalbreite eingeschrieben und zwar 122 und lll 3 / 4  braccia. Die drei Zeichnungen sind ganz aus freier Hand mit Feder und Tinte gezeichnet, also Skizzen zu nennen. Tafel XII, XIII, XIV. Zu den vorzüglichsten Projekten des Baldassare Peruzzi gehören drei vollständige Klosteranlagen mit allen nur erdenklichen Räumlichkeiten, deren ein derartiges Institut bedarf. Ist es einerseits sehr interessant, die Bedürfnisse zu erfahren, welche man in der Bliithezeit der Renaissance an einen vollständig eingerichteten Convent stellte, so ist andrerseits nicht weniger lehrreich, die Auffassung einer solchen Aufgabe seitens eines der ersten Baumeister dieser Zeit, seine Dispositionen etc. kennen zu lernen. Die drei Blätter tragen das Wasserzeichen der Krone und der Waage, und die beigefügten Maassstäbe und Maasse bezeichnen braccien, daher ist an Siena und seine Umgehung zu denken. Mehrere unvollendete Studienblätter, welche sich in der Handzeichnungensammlung der Ufficien befinden, sind Studienblätter zu diesen Projekten. Die Pläne XII und XIII sind einander sehr ähnlich; sie unterscheiden sich durch die Form der Kirchengrundrisse und diejenige der Kreuzgänge und Hallenhöfe, sodann durch die Dispositionen der verschiedenen Räume. Plan XII entspricht einem grösseren Bauplatz als XIII, dieser Entwurf dagegen ist im Einzelnen schöner und origineller durchgebildet. Die sämmtlichen Räume tragen die Bezeichnungen ihrer Bestimmung und zwar: «. Chiesa, ecclesia (Kirche), b.  confessatorio (Beichtstube), c.  Sacrestia secreta, Sacrestia e salvaroba (geheime Sacristei und Garderobe), d.  sacrestia publica (öffentliche Sacristei). d y .  andito al coro e parlatorio (Zugang zum Chor und Sprachzimmer). e.  coro, sopra coro, (Chor über der Eingangshalle). f.  parlatorio e rota, parlatorio (am Eingang sind Sprechzimmer mit einem Drehschalter, ausserdem noch Ansprachräume am Kreuzgang, dann bei Plan XII links von der Kirche ein parlatorio e forestaria, Ansprach- und Fremdenzimmer), g.  Oratorio (Betsaal), h.  Capitulo (Capitelsaal). i.  Kreuzgänge, in der Mitte Senkbrunnen, citerna. Bei Plan XIII steht in dem achteckigen Kreuzgang: In claustro octogono; in den 4 Ecken desselben, eben so wie in den beiden westlichen des Rundhallenhofes ist geschrieben „aria“, also kleine Lichthöfe. %. cortile publico (öffentlicher Hof). Je.  refectorio estivo (Sommerrefectorium. Bei Plan XIII steht refectorio estivo e sopra in- fermaria, Sommerrefectorium, darüber Siechenhaus). I.  Siechenhaus für den Sommer, infermaria estiva. m.  Bei Plan XII exercitatorio e forestaria, (Uebungssaal und Fremdenzimmer, bei Plan XIII. exercitatorio estivo, Uebungs- saal für den Sommer und n. exercitatorio vernale). o.  Bihlioteka (Bibliothek). p.  factoria (HausVerwalterswohnung). r.s.  Sommerküche und Speisekammer, cucina estiva, dispensa. Bei Plan XII steht bei s.  Dispensa e purificatorio. i'i r 2 .  Bei Plan XIII panactaria (Bäckerei) stufa e forno (Ileizraum und Ofen). M  purificatorio (Waschraum), u.  lavatorio (Waschzimmer), v.  Bei Plan XII steht granaro, (Kornspeicher,) i\.  granaio e sotto canove, (Kornspeicher, darunter Keller.) Bei Plan XIII steht für v:  canove sotto e sopra granario, (unten Keller, oben Kornspeicher.) w.  Bei Plan XII: fructuario, (Gemüsckaminer, Früchtekammer); hei XIII: fructuario e salva rohba. (Früchtekammer und Garderobe, Wcisszeugkammer.) x.  Guardaroba, Salva robba. (Garderobe.) ?/. per recari, (Dienerzimmer, bei Plan XIII.) z.  Bei Plan XII Infermaria vernale e sotto olearia: Winter-Krankensaal, darunter Oclkammer. 0.0.  nc- cessarii, (Abtritte.) Nach Osten liegen grosse Gärten, „viridario“, nach Süden Hallen für den Winter, „loggie vernali“, nach Norden Sommcrloggien, „loggie estive.“ Bei Plan XII ist die Nord- und Südseite, bei Plan XIII auch die ganze Ostseite mit Hallen umschlossen. Der dritte dieser Pläne, Tafel XIV, stellt eine Klostcranlage auf einem ganz anderen Grundstück dar und enthält manchen Raum, welcher in den frühere]) Plänen nicht vorhanden ist; dagegen fehlen ihm wieder andere Localitäten, und es ist nicht wie bei den erstcren auf besondere Refectorien, Krankensäle etc. für den Sommer und Winter Bedacht genommen. Betrachten wir den Plan im Einzelnen, so gehen die ausführlichen Bemerkungen von Peruzzi’s Hand die besten Aufschlüsse. a.  Chiesa, (Kirche). Im Unterschiede von den früheren Plänen sind Sacristei und Beichtstube, oder «Jleichtzimmer und Sprechzimmer derselbe Raum, daher steht hei b.c. „ sacrestia per le moniche c confessatorio“, also Sa- cristei für die Mönche und Beichtstube. Bei b.f.  steht confessatorio e parlatorio , (Beichtzinnner und Sprechzimmer), c.  Sotto Sacrestia e sopra andate al coro, (unten Sacristei und oben Zugang zum Chor). <1.  Sopra andate al coro et sotto per legno et altrc officine, (oben Zugang zum Chor, und unten Holzstall und Geräthekammer). e.  Coro, (Chor), f.  parlatorio. (Ansprach- 3

15 zimmer mit Drehsclialter, rota). g.  oratorio sopra e sotto, (Betsaal oben und unten, hinter dem Altarraum der Kirche gelegen), h.  capitulo, (Capitel- saal, welcher an einem hübschen Hof, ?) mit einer Cisterne in der Mitte gelegen ist.) i.  Vor der Kirche liegt ein Kreuzgang mit der Bezeichnung: in claustro publico. Ein zweiter Kreuzgang, bezeichnet: „in claustro“ mit einer Wassercisterne in der Mitte liegt links vom Capitelsaal. Wo die Ziffer 3 steht, steht geschrieben: sopra celle et sotto loggia, also oben Zellen, unten Hallen. Höfe, theils mit Cisternen, und der Beischrift bei der Ziffer 2: peristilio, (Säulengang), theils bezeichnet durch das Wort aria, (Lichthof). Je.  Refectorio. (Refectorium). I. n.  socto exercitatorio et sopra infermaria, (unten Uebungssaal und oben Siechenhaus), m.  Links von der Kirche, neben dem (porta del monasterio) Klostereingang 6 liegen die Wohnungen für die Fremden, n.  siehe l. o. u.  lavatorio sotto e sopra libraria, (unten Waschraum und oben Bibliothek), p.  casa del factore, (Verwalterswohnung, links vom Haupteingang 7, bei welchem steht: porta della chiesa). p x .  orticello del factore, (Gärtchen des Verwalters, mit Loggia und Brunnen, citerna.) (j.  oflicina per telati et altri exercitii, et sotto canova vinaria: Leineweberei und Raum für andere Gewerke, und unten Weinkeller, r.  cucina, (Küche mit Herd und Brunnen, „Cisterna“). r i .  panactaria, (Brodbäckerei); dabei steht: scala per il caldano, (Treppe zu dem Vorwärmraum). n.  forno, stufa, (Backofen und Heizraum. r. w.  Sotto Conserva da farina et sopra cucina d’infer- maria: Unten Mehlmagazin und oben Spitalküche, s.  Speisekammer, Dispensa. s 4 . Serva alla cucina, (Dienstraum für die Küche), t.  per Bocate (bucato Wäsche) Waschküche, u. ( siehe o.n.)  lavamani, (Raum zum Händewaschen neben dem Refectorium). v.  Granaro, (Kornspeicher), w.  conserva per fructi et per legumi, (Früchte- und Gemüsekeller), x.  daneben ist eine „Guardarobba per diverse cose opportune“ , zur Aufbewahrung von allerhand Nöthigem. y.  Am Kreuzgang, der zwischen dem Capitelsaal und Uebungssaal liegt, befindet sich neben der Treppe, die ins obere Stockwerk führt, eine „officina“; damit ist wohl eine Apotheke gemeint. Hinter derselben und der Treppe ist eine Winterloggia, loggia vernale 4, für die Kranken angeordnet. z.  canova olearia, (Oelkeller). Noch ist zu bemerken, dass bei der Halle, welche hinter dem Ilaupt- eingang zum Kloster sich öffnet, bei 1 geschrieben steht: sotto loggia c sopra adito chiuso, also: Unten Halle, oben geschlossener Gang, und rechts hinter der Kirche bei 5 andito al Coro, Zugang zum Chor. Bei 0.0.  sind 17 Aborte in einer Reihe angelegt. Den ganzen linken Theil des Planes bilden Gartenanlagen. An diesen drei Plänen für einen Convent ist bemerkenswerth, dass nirgends ein Glockenthurm angegeben ist, auch ist bei den Kirchen dieser drei Pläne keine Stelle zu finden, bei welcher man aus den massigeren Mauern des Erdgeschosses auf einen Campanile schliessen könnte. Welche Ivlostcr- anlage in oder um Siena mit diesen Entwürfen gemeint war, und ob dieselben jemals ausgeführt wurden, muss den Lokalforschern überlassen bleiben. Als 16 ein Anhaltspunkt könnte vielleicht gelten, dass der Kreuzgang vor der Kirche des Planes Tafel XIII in seiner Pfeilergestaltung sowohl an den dritten Plan für den Umbau von San Domenico zu Siena als auch an die Kirchenpläne Taf. X erinnert. Peruzzi’s Projekten für kirchliche Gebäude reihen wir einen vorzüglichen Plan an, Tafel XV, Fig. 1, welcher zwar nicht als seine Arbeit sicher datirt ist, der aber nach den handschriftlichen Bemerkungen auf der Originalzeichnung sowie dem ausgerechneten Maassstab der Ellen, in welchem er gezeichnet ist, endlich nach seiner vortrefflichen Durchbildung im Einzelnen zu urtheilen, auf Siena und Peruzzi hinweist. (Vergl. Zeitschrift für bildende Kunst. Jahrgang 1875. Seite 120, ad a.) Der Plan bedarf keiner besonderen Erläuterungen, indem er sich so ziemlich von selbst erklärt. In den Ecken ci.  steht, vermuthlich von Peruzzi’s Hand geschrieben: „largo“,  bei A. ferner: „Questa propbrzio carivina e in li angidi mezzo per lo cantone angidlarc.“  Als Bezeichnung dieses Kirchenplanes steht auf seiner Rückseite: chiesa maggiore,  Hauptkirche, ferner; „Baldassar Aucanello disse averlo avuto di casa di Bafaello da Urhino“,  Baldassar Aucanello sagte, er habe ihn aus dein Hause Rafaels von Urbino erhalten, beides von unbekannter Hand geschrieben. Betrachten wir, was von Plänen zu Peruzzi’s Privatbauten aus der Zeit seines Aufenthaltes in Siena erhalten ist, so kommt in erster Linie die villa belcaro in Betracht. Tafel XV, Fig. 2. Auf dem Plan sind verschiedene handschriftliche Notizen; welche wir hier wiedergeben. a.  cortile di belcaro: Hof von Belcaro. h.  loggia socto e sopra: unten und oben Loggia. (Ist nicht zur Ausführung gekommen), c.  camino: Kamine. d.e.  Sopra del tinajo le stanze pel factore: über dem Kelterhaus sind die Zimmer für den Hausverwalter, c.  tine: die Weinkufen, f.  el (e il) forno sopra ala scala: über der Treppe befindet sich der Ofen (Backofen?) g.  scala equitoria, von Pferden begehbare Treppe, h.  Scala tersa: saubere, reine Treppe, i.  destri. Abtritte. Je.  Triclinio socto e sopra salotto e camera: unten Speiscsaal und oben Sälchen und Zimmer. I.  socto loggia c sopra camera e Studio: unten loggia und oben Wohn- und Arbeitszimmer, m.  Hier steht geschrieben: „Nel palazzo non si posta misura per esserc facto“: bei dem Palast sind keine Maasse eingeschrieben, da er ausgeführt ist. Ob der Palast von Peruzzi erbaut wurde, darüber fehlt jede Nachricht, n.  parte di giardino secreto: Theil des abgesonderten Gärtchens, o.  parte di orto: Theil des Gartens, p.  parte di gallinajo: Theil des Geflügelhauses, q.  Bei dem Maassstab steht „braccia 30 picole“; das heisst, Sieneser Ellen (= florenti- nische) zum Unterschied von denen, welche im Kirchenstaat gebräuchlich waren, wo 4 braccia = 1 canna. Von Peruzzi ist also an der Villa Belcaro alles ausser dein Hauptgebäude und nur die Loggia blieb unausgeführt. Die Gebäude im Garten, welche Peruzzi ausmalte und sicherlich auch erbaute, sind im Plan nicht angegeben. E. Peruzzi’s letztes Lebensjahr von 1535—1536, seine Handzcichnnngen aus dieser Zeit, seine Schüler und Freunde. 1535 kehrte Baldassare nach Rom zurück. Vom März dieses Jahres bis zu seinem Tode ist er zum zweiten Mal als Dombamneister von St. Peter ernannt mit einem Monatsbezug von 25 Ducaten. Vasari erzählt, Baldassare habe in Rom für die Herren Orsini die Zeichnungen zweier schöner Paläste angefertigt, welche gegen Viterbo hin aufgebaut wurden, ferner Pläne zu einigen anderen Gebäuden in Apulien gemacht. 1535 baute Baldassare die beiden herrlichen Paläste für Pietro und Angelo Massimi. Ersterer heisst jetzt palazzo Massimi alle Colonne, der zweite liiess später de’Savelli, jetzt degli Orsini. Peruzzi’s Schüler Serlio erzählt, als Baldassare die Fundamente zu letzterem Palast habe graben lassen, so habe er viele Reste verschiedener Gesimse vom Marcellustheater und sichere Anhaltspunkte von dessen Grumlplan entdeckt, von welchem man früher keine Kenntniss gehabt hatte; Baldassare habe das Ganze erkannt und mit vielem Fleiss vermessen, so dass er, Serlio, die Zeichnung in sein Buch habe aufnehmen können. Der Bau des Palazzo Massimi wurde erst nach Baldassare’s Tod vollendet. Palazzo Massimi alle colonne, zu welchem die sämmtlichen Originalpläne Peruzzi’s in den Ufficien zu Florenz sich noch befinden, ist nicht nur sein vorzüglichstes Werk, sondern einer der schönsten Paläste der Renaissance überhaupt. Das feine Maass^ des Reichthums seiner Ausschmückung, die Noblesse der Erscheinung und das Malerische der Anordnung von Hof und Vestibül, Loggien und Treppen ist kaum jemals wieder erreicht worden. Peruzzi hat sich mit diesem, seinem letzten Werk, für alle Zeiten den Ruhm eines, den edelsten Geistern ebenbürtigen Künstlers gesichert. Dass Palazzo Linotte in Rom, am Weg von Palazzo Massimi zu der Cancelleria gelegen, von Peruzzi sei, wie manche Autoren annehmen, ist unwahrscheinlich. Seine Architektur ist im Detail weniger vollendet, als das bei Peruzzi’s Werken der Fall ist. Peruzzi’s unermüdlicher Eifer erstreckte sich auf alle ihm zugänglichen ■ Gebiete des Wissens, und Vasari erzählt, er habe auch nicht die Studien der Astrologie, Mathematik und anderer Künste vernachlässigt, mit welchen er sich viel beschäftigte, er habe endlich ein Buch über die Alterthümer Roms und einen Commentar zu Vitruv begonnen und die Zeichnungen zum Texte dieses Autors angefertigt, welche sein Schüler Francesco theilweisc geerbt habe. 1 1  Die Editoren des Vasari Le Monnier sagen, über diesen Francesco wisse man niclits Bestimmtes, vielleicht sei er ein Francesco i’omerelli gewesen, von welcher Familie wir einen Tomaso und Stefano kennen, beide Architekten und ersterer, wie Ugurgieri sagt, ein Schüler Peruzzi’s. Im Jahr 1535 hat sich Baldassare unter Andern auch für Tunis in- teressirt, von wo Carl V. in demselben Jahr siegreich in Ilom eingezogen war. 4 Blatt Skizzen des Hafens von Tunis in obengenannter Sammlung zu Florenz beziehen sich hierauf. Eine kleine Anzahl von Entwürfen Baldassare Peruzzi’s gehören sicherlich dieser letzten Periode seiner Wirksamkeit an und zwar zu den Arbeiten, deren Vasari als in der Richtung gegen Viterbo hin und in Apulien ausgeführt, Erwähnung tliat. Wir führen dieselben hier ebenso wie die. früheren Zeichnungen in zwangloser Reihenfolge an. Tafel XVI. Fig. 1. Plan zu dem Palaste in Caprarola, dessen schon in Anmerkung (Seite 7) gedacht wurde. Dazu gehört ein Blatt, welches Durchschnittsskizzen enthält. Tafel XVI. Fig. 2. Eine hübsche kleine Villa; bei a.  steht geschrieben: „Giardino o vigna“, Garten oder Weinberg, bei h. „ alberi“ Bäume, bei c. „ via“ Weg, bei d. „ fimne di Salone.“ Tafel XVII. Fig. 1. Hier wollen wir einen kleinen Kirchenplan einschalten, dessen Maassstab auf piedi schliessen lässt. Dann wäre der mittlere, mit einer Kuppel überdeckte Raum etwa 33 Fuss im Lichten. Tafel XVII. Fig. 2, Tafel XVIII., Tafel XIX. 4 Pliine für den Palast des Grafen Ricci oder di monte oder di Montepulciano. Graf Ricci, auch Giocci genannt, wurde 1536 Cardinal; 1550 bestieg er als Julius III. den päpstlichen Stuhl. Sein Palast in Montepulciano galt seither als das Werk des älteren Antonio da San Gallo und als im Jahr 1510 entstanden. Wiederholen wir, was auf diesen Blättern zur Erklärung geschrieben steht. Tafel XVII. Fig. 2. a.  Andito, Flur. h.  sopra tucta sala; Camera da basso: über Allem Saal, darunter Zimmer. Die punktirte Mauer n.,  bei welcher geschrieben steht: „Questo muro resta sopra la sala“, tlieilt den Raum im Erdgeschoss in ein zweites Zimmer, „camera a piano“, über dessen Fenster im Saal ein Camin in.  angebracht ist mit der Beischrift: camino per la sala supcriorc. Die Zimmer c.  sind mit „camera“ bezeichnet, die Räume d,  als Vorzimmer, „anticamcra.“ g.  Cucina: die Küche, mit Ileerd in. „ camino.“ Je.  cortile overo ortopensile: Hof oder hängender Garten. Bei der Loggia ist beigeschrieben: loggia 32 braccie, volta a schifo: Loggia 32 Ellen, mit Tonnengewölb. Ferner steht bei dieser Loggia geschrieben: „epistili sopra overo architravi e non archi tondi, also über den Säulen war ein horizontales Gebälk und keine Rundbögen beabsichtigt, in.  Camine, „camino.“ In dem Zimmer d„  welches neben der Haupttreppe liegt, befindet sich gegen diese hin eine Wandnische mit der Bezeichnung „vano per armario“, Wandschrank, n. Punktirte Mauer (vergl. A); dabei steht: „Questo muro resta sopra la sala“, diese Mauer bleibt über dem Saal hinweg, p.  Die Strasse an der llaupt- facade ist bezeichnet: „via dicta tolosa che ascende alla piazza“ Strasse Tolosa, welche zu dem Marktplatz hinaufführt. q.  di M. (monsignora oder Madonna) gratiosa: Grundstück der Frau gratiosa (oder der Kirche Santa Maria gratiosa?). r.  via di San Martiuo: Sanct Martinistrasse.

Bei dem Maassstabe stellt beigeschrieben „52 braccia = XIII. canne“, also derselbe ist in Ellen angegeben, von welchen vier gleich der römischen canna sind. Dieser Plan ist überdies bezeichnet: Palazzo pel conto Ricci o di monte o di Montepulciano. Bei dem Plan Tafel XVIII. Fig. 1 finden wir folgende Bezeichnungen: b.  Sala e sotto atrio: Saal, darunter Atrium, c. Camera: Zimmer, d.  anticamera: Vorzimmer, g.  Cucina: Küche. k.  cortile in quadrato 16 7 / 8  braccia: Hof, im Geviert 16 7 / 8  Ellen. I.  Abtritte, necessarii, m.  Camine, „Camino.“ Bei n.  steht: „dove sono questi ponti e la linea del sito vecchio“, wo diese Punkte sind, ist die Grenze des alten Grundstücks, o. Scala equitoria: von Pferden begehbare Treppe, in der Mitte Oberlicht, „aria.“ r. „ Giardino lungo XX 3 / 4  braccia“, der 20 3 / 4  Ellen lange Garten, und „via di S. Martino“, Sanct Martinsstrasse. Bei dem Plan Tafel XVIII. Fig. 2 sind die allgemeinen Bezeichnungen dieselben, wie früher. Bei dem Hof k.  steht geschrieben Cortile quadrato ognifaccia XV. braccia: quadratischer Hof, an jeder Seite 15 Ellen lang. Die punktirte Loggia deutet an, dass sie auch in dieser Weise angeordnet werden könne. Die Treppe ist mit Oberlicht, „aria“ versehen. Bei dem Maasstabe steht beigeschrieben: „el braccio di questa misura di Montepulciana e due palmi e 8 / 12  Romani“, der Plan ist also mit Ellen von Montepulciano gemessen, von denen 9 gleich 24 römischen palmen sind. Die Fagadc liegt an derselben „via che va alla piazza“ wie bei dem Plan Fig. 17. Der letzte dieser Pläne endlich, Tafel XIX. Fig. 1 scheint der für die Ausführung bestimmt gewesene zu sein, insofern eine kleine FaQadenskizzo noch vorhanden und er am sorgfältigsten ausgebildet ist. a.  andito, Flur, b camera, sopra con andito sala: Zimmer im Erdgeschoss, darüber und über dem Flur der Saal. c. „camera“ mit camino m  und necesario /., Zimmer mit Camin und Abtritt, d.  Anticamera, Vorzimmer, e. Hief steht geschrieben: „qui ancora si puo fare la scala“, auch hielier kann die Treppe gelegt werden. f.  Hier ist beigefügt: „chi volesse ancora far q. ( qui) la cucina starja bene per liberare le stantie a fronte“, man würde gut thun, die Küche hie- her zu verlegen, um die Zimmer an ihrer Vorderseite frei zu machen. Dies bezieht sich darauf, dass die Küche g.  und der Treppenraum sich eher zu Zimmern eignen, da sie nur direktes Licht haben, während Treppe und Küche bei e.  und f.  liegen könnten, i.  Dispensa, Speisekammer, k.  cortiletto in quadrato 10 1 / 2 : Ilöfchen von l0 1 /2 Ellen im Geviert. I.  necessarii, Abtritte. m.  Camino: Camin. n.  Hier steht: „Questa scala si porria commutare dove e disegnata la cucina a fare el cortile medesimo longo braccia XVII. e largo XII.“, diese Treppe könnte man dahin verlegen, wo die Küche gezeichnet ist, um denselben Hof 17 Ellen lang und 12 Ellen breit zu machen. 0  Scala equitoria: Treppe, für Pferde begehbar, p.  ist wieder „via che va alla piazza“, <j.  vicinale: Nachbarhaus, r.  Giardino lungo braccia XXIV 1 / 2 : Garten von 24 Ellen Länge. Wir fügen in Fig. 2 Tafel XIX. eine kleine Faqadenskizze bei, welche wir der Güte des Architekten Herrn Albert Jahn verdanken Tafel XIX. Fig. 3. Eine kleine flüchtige Handskizze Baldassare Pcruz- zi’s, welche wir hier einschalten, stellt eine Kirche vor, einen Centralbau mit Chor und Vorhalle. Sie ist ohne jede Bezeichnung; die Maasse 12 und 47 1 / 2  lassen Ellen vermuthen. Zum Schlüsse der Beschreibung von Baldassare Feruzzi’s Entwürfen folge auf Tafel XX. der prächtige Plan eines Palastes „pel conte di Pitigliano“ für den Grafen Orsini di Pitigliano, wohl einer der beiden Paläste, deren Vasari erwähnt hat. Der Palast soll, wie behauptet wird, in dem Städtchen Pitigliano existiren. Der Originalplan ist ganz aus freier Hand auf carrirtes Papier gezeichnet und trägt als Wasserzeichen die Schcere (le forbice), welche bei Peruzzi noch einmal bei einem Fcstungsplan für „ferento presso viterbo“ vorkommt. Man gelangt in den Palast durch G Eingangsthüren «., welche durch das Wort porta eben so wie alle Thüren im ganzen Gebäude angedeutet sind. Alle Fenster sind durch f. ( finestra) angegeben. Der Originalplan enthält die sämmtlichen Maasse der Räume; der schwarzangelegtc Theil ist im Original mit blassrother, alles Uebrige, hier schraffirte mit blassgelber Farbe angemalt. o. Bei dem Haupteingang ist ein „vestibulo overo andito e sopra sala“, Vestibül oder Flur, darüber Saal. Ein zweites „vestibulo“ o. liegt zwischen den beiden grossen Höfen; ein Drittes hinter dem Rundhof a b,  ist bezeichnet: „socto atrio e sopra salocto“. Zwei weitere Fluren fl«, führen von dem Spcise- saale b.  rechts nach dem Hofe l\  rechts, an dessen Vorderseite wieder ein Flur liegt mit der Bezeichnung: „andito sopra del arco overo loggiecta“, oben über dem Bogen Flur oder kleine Loggia, b.  Rechts und links vom llaupthof „Sala sopra e socto triclinio, tinello“, oben Saal und unten Speisesaal. b. „Salocto“, kleine Säle, 5 an der Zahl; c.  camera: Zimmer, d.  Anticamera: Vorzimmer. g.  Küchen. Die Räume cg.  sind bezeichnet „camera overo cucina“, der Raum dg. „ anticamera overo cucina,“ also Zimmer (Vorzimmer) oder Küche, i.  Dispensa, Speisekammer, k.  Der llaupthof und der Rundhof. Bei beiden stellt „loggia socto e sopra“, oben und unten loggia. k.  Links und rechts vom Rundhof liegen zwei Ilöfchen, „corticella“, dasjenige rechts ist beiderseits begrenzt von kleinen Loggien, „loggecta“, „logetta“. Der grosse Hof 7r, am linken Flügel ist an den Schmalseiten begrenzt von „loggia“ und ist bezeichnet „cortilecto overo giardino“, Höfeben oder Garten; der grosse Hof rechts, „corte overo giardino“ ist ebenfalls von Loggien begrenzt, und zwar „logia socto e sopra“. I. Abtritte, necessario, in.  Camine, „camino.“ — Die Treppen 0 . sind als „scala tersa“, Haupttreppe (reine Treppe) bezeichnet; ausserdem sind drei andere Lagen für Treppen in Vorschlag gebracht, welche hier punktirt gezeichnet sind. Wendeltreppen in den vier Ecken des Rundhofes sind im Original nur angedeutet. Bei p.  rechts stellt „Questa parte del Conte di Nola e canne 40G“, dieser dem Grafen von Nola gehörige Theil ist 406 canne lang. Bei g.  steht fornace (Treibhaus?) palmi 57y 3 , bei r.  steht „Sopra el terreno di tucto questo sito canne“.: über dem Terrain dieses ganzen Grundstücks canne . Vasari theilt uns über Peruzzi’s letzte Tage Folgendes mit. Peruzzi hatte Päpsten, Cardinälen und anderen hohen und reichen Persönlichkeiten seine Dienste geleistet und doch wurde der Künstler von seltenen Vorzügen nicht nach Verdienst belohnt. Seine Bescheidenheit und Schüchternheit grenzte an Zaghaftigkeit, die sich nicht getraute da Forderungen zu stellen, wo er Ansprüche machen durfte. Er lebte im Alter arm und bedrückt durch die Sorgen um seine Familie und wurde endlich krank und bettlägerig. Papst Paul III. erkannte zu spät erst, was er durch dieses vorzüglichen Mannes Tod verliere, sandte ihm durch Jacobo Melighi, Rechnungsführer von Sanct Peter, hundert Scudi und Hess ihm freundliche Anerbietungen machen. Indessen nahm Peruzzi’s Krankheit zu, ja man glaubte sogar an Vergiftung durch neidische Nebenbuhler. Tief betrübt über die traurigen Verhältnisse, in welche er seine Familie zurücklassen musste, starb Baldassare am G. Januar 1536 (1537 Stile comune) beweint von Kindern und Freunden und wurde im Pantheon neben Rafael von Urbino begraben; allgemein war die Trauer aller Künstler Roms, welche ihn zu Grabe geleiteten. Seine (verloren gegangene) Grabschrift lautete: Baldassari Peruüo Scnensi , viro ct pictura et arclütectura aliisque ingeniwum artibus adco excellcnti, nt si prlscomm occidmisset temporibus, nostra ittum fclicms legerent. Vix. Ann. LV. mens XI. Dies XX. Lucretia et Jo. Salustius optvmo conjugi et parenti non sine lachrymis Simonis, Honorij, Glaudij, Aemiliae ac Sulpitiae minorum fdiorum, dolentes posuerunt. Die IIII Januarij M. D. XXXVI. Baldassare, dessen Ruf grösser nach seinem Tode als zu seinen Lebzeiten war, wurde wegen seiner Fähigkeiten sehr vermisst, als Papst Paul III. sich entschloss, den Bau von St. Peter vollenden zu lassen, denn wie Vasari weiter berichtet, erkannte man sofort, von welchem Werth sein Beistand für Antonio San Gallo gewesen war; so tüchtig zv T ar dasjenige sei, was von Antonios Arbeit dem Beschauer sich zeige, so dürfe man wohl glauben, dass Antonio in Gemeinschaft mit Baldassare einige Schwierigkeiten an dem Bau besser erkannt hätte. Unter den Erben vieler Kunstsachen Baldassare’s nennt Vasari zuerst dessen Schüler Scbastiano Serlio 1 ; Scrlio war 1480 (nach Anderen 1518) zu Bologna geboren und lebte 1511—1514 in Pesaro, wo er Perspectiven malte; dann war er in Rom mit Messung alter Gebäude beschäftigt, später in Venedig, woselbst er 1532 an dem Palaste Zeno, 1534 am Entwurf zu San Francesco della Vigna mitarbeitete. Er baute hier ferner den Palast Bembo, jetzt Correr. 1541 folgte er einem Rufe Franz I. nach Fontainebleau, wo er am Schloss beschäftigt war und 1552 (nach anderen 1578) starb. Die erste Ausgabe seiner Werke ist von 1549, Venedig. Scrlio hat Baldassare’s Studien über die Alterthümer Roms fleissig benutzt. Die Schriften Letzteres über diesen Gegenstand blieben grösstentheils in den Händen des nachmaligen päpstlichen Baumeisters Jacobo Mclighino und im Besitz des schon genannten Schülers Peruzzi’s, Francesco da Siena, welcher in Rom das „sehr gerühmte“ Wappen des Cardinal Trani auf Piazza Navona und einige andere Arbeiten anfertigte. Vasari verdankte ihm das Bildniss Peruzzi’s und Nachrichten über viele Dinge, welche er hei Abfassung der ersten Ausgabe seines Werkes nicht habe wissen können. Schüler Baldassare’s waren nach Vasari ferner der Römer Virgilio, „der in der Mitte von Borgo nuovo in seiner Vaterstadt auf einer Wand mit vertieften Linien einige Gefangene darstellte und viele andere Werke verfertigte“. Auch Antonio del Tozzo, eigentlich Antomaria die Paolo Lari lernte bei Peruzzi die Anfangsgründe der Architektur, ferner Giovani Battista Peloro . 2 1  Yergl. Müller, Künstlerlexicnn. 1804. 2  lieber diese Personen erfahren wir von den Editoren des Vasari Le Monnier Folgendes: .Tacobo Melighini, welchen Vasari eben Melighi genannt hat, Sohn eines gewissen Giovanni, w 7 ar Caplan des Cardinais von Ferrara und Rector der Kirche San Christoforo di Compignano in der Diöeese von Perugia. Eines der Bücher, welches ihm Baldassare hinterlies, ist das Taschenbuch, welches auf der Stadtbibliothek zu Siena aufbewahrt wird, mit der eigenhändigen Widmung „es gehörte mir Baldassare Perucio und ich habe es Messer Jacobo Mclighino und Messer Pirantonio Salimbeni geschenkt“. In diesem Skizzenhuch sind unter Anderem Eederskizzen und Zeichnungen, die ersten Gedanken zur Sybilla, welche Baldassare in der Kirche der Madonna di Fonte giusta gemalt hat. Ueber Autommaria di Paolo Lari, mit dem Beinamen del Tozzo, Sienoser Maler und Architekt, theilt L. mit, die erste Erinnerung seines Namens finde man 1521 und 1527. Im Jahr 1532 erhält er 17 Goldscudi für seine Mühen und Unkosten bei Gelegenheit der Ausmalung der Triumphbögen zu der erhofften Ankunft Carls V. in Siena. 1535 entwarf er den Plan der Kirche und des Conventes von S. Marta. 1537 machte er als Architekt in Diensten der Sienesisclicn Republik die Zeichnung für die Umwallung von Cetone und ging nach Cliiusi, um die Festungsmauern zu inspiciren. Im folgenden Jahr ist er in Asinalunga, um seine Forderungen betreffs der Festung zu stellen; es wurden ihm darauf für zwei weitere Jahre 3 Scudi monatlicher Bezug bewilligt. 1539 besichtigte er die befestigten Punkte in der Marcmma, dann nach Asinalunga zurückgekehrt zeichnete er den grossen Thurm (torazzo) zu Chiusi. 1540 beschäftigte er sich mit dem Bau der neuen Mauern von Grosseto und traf Vorkehrungen zur Restauration der Cathedrale dieser Stadt. Eben so fertigte er die Zeichnung der Fat; ade des Palazzo I’almieri bei San Cristofano. Als er wieder auf ein Jahr zum Architekten der Republik ernannt war, ging er 1541 nach Tala- mone und Sovana. Darauf im folgenden Jahr zeichnete er die Mauern von l’ortercole. Am 31. Mai findet man ihn in Pitigliano und Sovana mit der Ausbesserung der Festungswerke beschäftigt. In der Folge befestigte er Montepescäli und fertigte Zeichnungen für die Ver- theidigung von Portercole, das von den Türken bedroht war. Da die Gefahr für die Maremmen wuchs, so begab er sich mit Peloro dahin, um dort die Festungen zu besichtigen. 1543 wurde er vom Grafen Gianfrancesco Orsini nach Pitigliano berufen wegen der Festung, welche er dort errichten wollte, und kurz darauf wurde Lari seiner Stellung bei der Republik enthoben, und an seiner Statt ein Spanier Ernando Dez ernannt. Und als der Graf von Pitigliano von seinem Söhncken zur Flucht und zum

19 20 Vasari sagt, Baldassare, der gegen Jedermann stets höflich, bescheiden und liebenswürdig gewesen sei, habe den Sieneser Maler Domenico Beccafumi und den Capanna zu Freunden und Hausgenossen gehabt. Dieser letztere habe die Fatjatle „dei Turclii“ und eine andere oberhalb der piazza gemalt. Die Editoren des Vasari Le Monnier theilen mit, über das Leben dieses Capanna, welcher im Leben des Don Bartolomeo, Abtes von San Clemente bei Vasari schon erwähnt worden sei, hätten sie trotz aller Bemühungen wenig Nachrichten erhalten können. „Es war in Siena und lebte in den letzten Jahren des 15. und Anfangs des IG. Jahrhunderts ein gewisser Giacomo, genannt il Capanna, Wachsarbeiter; es kann wohl sein, dass er mit dieser Kunst auch die andere, die der Malerei verband, denn es ist keineswegs et- Verlass des Staates gezwungen wurde, folgte ihm Lari nach Rom; daseihst hielt er sich auf his 1549, vielleicht sein letztes Lebensjahr, da nichts weiter von ihm berichtet wird. Ueber Giovann Batista Peloro haben wir zweierlei Nachrichten, diejenigen Vasaris und die Notizen der Herausgeber der edition Le Monnier. Architekt Peloro aus Siena widmete sich nach Vasari viel der Mathematik und Erdbeschreibung und fertigte viele Messinstrumente, Pliine von Festungen etc. Für Herzog Cosimo de Medici fertigte er ein Basrelief der Lage Siena’s mit den Thälern und allen Umgebungen auf Vj 2  Meilen im Umkreis, mit den Mauern, Strassen und Befestigungen der Stadt. Sein unstiiter Sinn veranlasste ihn, diesen Fürsten, welcher ihm einen guten Unterhalt gewährte, zu verlassen und er begab sich nach Frankreich, woselbst er lange ohne irgend welchen Erfolg dem Hofe nachzog, bis er endlich in Avignon starb. Obgleich er ein sehr geübter und einsichtiger Architekt war, so findet mau doch an keinem Orte von ihm oder nach seinen Angaben ausgeführte Bauwerke, weil er stets zu kurze Zeit an einem Orte lebte, als dass etwas hätte beschlossen werden können. Er brachte seine ganze Zeit mit Zeichnen, wunderlichen Einfällen, Messungen und Anfertigung von Modellen zu, verdient aber nichtsdestoweniger als unser Kunstgenosse genannt zu werden. So erzählt Vasari. Die Editoren des Vasari Le Monnier theilen Folgendes mit: Giovambatista di Mariano Peloro wurde 1483 in Siena geboren. 1515 war er in Rom Vanoccio Biringucci spricht von ihm im V. Capitol des 8. Buches der Pirotecnica als Erfinder der Methode, mittelst Papiermache (cartapesta) grosse, vollständig runde Figuren zu giessen. 1525 wurde er in Folge der Kriegsfurcht von Persönlichkeiten in Asinalanga von der Republik zur Befestigung der Burg dieser Gegend berufen. Im folgenden Jahr war er in Genua eingeladen, um über die Vorfälle in dieser Zeit zu berichten. 1527 war er in Siena und zwar als Proviant- und Zahlmeister beim Durchmarsch des Connetahle von Bourbon. 1528 lieirathete er Virginia di Ser Giovanni da Radicondoli, wurde nach Rom geschickt und sodann nach Corneto, um Nachrichten von den Kaiserlichen zu gehen. Darauf ging er im September nach Sicilien, um Korn zu kaufen, wurde ausgeplündert und vom Gubernator von Santa Severa 17 Tage lang im Gefängniss gehalten, von welchem, durch seinen Fleiss befreit, er die Galeere des Andrea Doria bestieg und seine Reise bis nach Spanien fortsetzte. Dort selbst betrieb er einige Geschäfte auf Rechnung der siene- sischen Republik; und als 1530 Carl V. zu seiner Krönung nach Bologna zog, folgte ihm Peloro nach dieser Stadt. 1532 zeichnete er die grossen Fischteiche der Mönche von Monte oliveto maggiore und ordnete in diesem Kloster verschiedene Restaurationen an. Im seihen . Jahr war er Wohnungscommissär bei den Uebungsmärschen, welche der marchese del Vasto befehligte. 1532 war er in Castro, um ein Bergwerk und die Grenzen der sienesischen Republik zu besichtigen und im December untersuchte er die Brücken des Ombrone und der Arbia.' 1536 findet man ihn in Diensten des marchese del Vasto. Im selben Jahr ging er nach Fossano und machte die Zeichnung zu diesem festen Platz. 1537 zeichnete er das Innere der Kirche San Martino seiner Vaterstadt. Von diesem Jahr hat man keine Nachricht mehr über ihn bis zum Jahr 1543, in welchem er in Rom war und von der Republik Siena zur Besichtigung der Festungen berufen wurde. Und da Barbarossa (?)  letztere belagert, grüsstentheils eingenommen und niedergeworfen hatte, wurde Peloro die Sorge über dieselben übertragen. Dieser, ärgerlich darob, kehrte nach Rom zurück, wo er starke Hoffnung hatte, in die Dienste des Papstes zu treten, oder besser noch, in die Dienste des Kaisers, wenn was Ungewöhnliches in jener Zeit, diese zwei Künste bei ein und derselben Person vereinigt zu finden. Wenn man demnach annehmen darf, dass der von Vasari erwähnte Maler Capanna unser Giacomo di Lorenzo sei, so können wir auch sagen, dass die Malerei der Fatjade des Hauses „dei Turclii“, heute de’ Piccolomini Cleinentini am Plätzchen der loggia del Papa zum Theil noch existirt in den Köpfen, welche man unter dem Dach gemalt sieht; und dass die andere Fagade über dem Platz (del Campo) diejenige des Hauses ist, welche den Bocciardi und später den Anastagi gehörte, nahe bei dem Oratorium dei Fredicini in der Strasse del Casato, wo man auch heute noch, obgleich zum grössten Theil verdorben, zwischen den Fenstern die Arbeiten des Hercules in Chiaroscuro gemalt sieht.“ Was ich zum Schlüsse dieser Skizze von Baldassare Peruzzi’s Leben hinzufügen möchte, das ist, dass dieselbe in der Hoffnung unternommen worden war, sie bei einem zweiten beabsichtigten Aufenthalt in Italien zu vollenden, besser abzurunden und ergänzen zu können. Der Unzahl von Flänen Peruzzi’s zu Festungswerken und Ingenieurbauten, von Aufnahmen antiker Bauwerke, von Studienblättern aller Art geschah nicht einmal Erwähnung. Meine Hoffnung, Vollständigeres bringen zu können, ist vorerst zu Wasser geworden. Möchten diese Blätter ein reges Interesse für einen der grössten aller Künstler erwecken, die jemals gelebt haben, möchten namentlich Architekten auf ihren Reisen in Italien allen Werken Peruzzi’s nachspüren und sie veröffentlichen ! Er verdient es in vollem Maasse, dass wir ihm den rechten Platz in der Geschichte der Menschheit anweisen, der ihm, dem überaus Bescheidenen, bisher versagt war. dieser zurückgekehrt wäre, wie ihm Don Ferrante Gonzaga und Camillo Colonna vorgeschlagen hatten. 1547 findet man eine Nachricht, dass er in Augusta bei Cesare war. Als darauf 1550 Carl V. auf Rathschlag des Don Diego da Mendozza beschloss, in Siena eine Citadelle zu bauen, machte Peloro den Plan und wurde beauftragt, sich an den kaiserlichen Hof zu begeben, um die Arbeit dem Kaiser zu zeigen. Da alsdann die Vertreibung der Spanier und die Zerstörung der Citadelle erfolgte, 1552, über die Sienesen der Krieg mit den Kaiserlichen kam, wurde Peloro beauftragt, die Forts vor porta Camullia zu entwerfen, sodann die Befestigung von Lucignano, Montichiello und Casa’e vorzunehmen. Es scheint, dass er nach dem Falle der Republik Siena die Stadt verliess und sich Mühe gab, um in die Dienste des Herzogs Cosimo zu treten und hierauf in diejenigen des römischen Königs. Er starb 1558, wie man glaubt. Von Schülern Peruzzi’s nennt Vasari noch den sienesischen Maler Riccio, der Anfangs der Manier des Peruzzi gefolgt, sich später aber an Sodomo angeschlossen habe. Karlsruhe, Druck der 0. lSr&nn’nchen Hofbucbdruckerei.

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Die Baugescliichte der italienischen Renaissance bleibt eine lückenhafte und unzuverlässige Lehre, so lange man sich nur auf die Ausbeutung der Monumente und handschriftlicher Quellen stützt. Selbst der beste Gewährsmann, welcher uns Mittheilungen über diese grosse Kunstepoche hinterlassen hat, Vasari, weiss von vielen kunstgeschichtlichen Thatsachen nichts, die sich als Resultate der Erforschung ihm theilweise unbekannter Quellen ergeben, nämlich der Original-IIandzeiclinungen der Baumeister dieser Zeit. Bekanntlich ist der grössere Ilieil dieser noch erhaltenen Pläne in der königlichen Gallerie der Uffizien zu Elorenz vereinigt und als ein werthvoller Schatz zu betrachten, welchen zu heben um so notliwendiger erscheint, als die dadurch gewonnenen Ergebnisse zur Aufklärung der wichtigsten Probleme der Architekturgeschichte von entscheidendem Einfluss sind. Noch lange wird es dauern, bis dieser Schatz in seinem vollen Werthe erkannt und allgemein zugänglich sein wird. Wir bringen hier Auszüge aus demselben, eine Auswahl des Besten, was er birgt, und hoffen, eine allgemeine Theilnahme an den kunstgeschichtlich eben so wichtigen wie für den praktischen Architekten anregenden und lehrreichen Meisterplänen erwecken zu können. Gelingt es dem Verfasser, das Interesse des Publikums für diese Arbeit sich zu erwerben und w y ach zu halten, so hofft er, den Gegenstand soweit führen zu können', dass das Wichtigste der Architekturzeichnungen, welche sich noch ausser in den Uffizien zu Elorenz an andern Orten befinden, mit veröffentlicht und somit ein möglichst abgerundetes, vollständiges und übersichtliches Quellen werk für die Baugeschichte der italienischen Renaissance den Lesern geboten wird. Von demselben Verfasser ist bereits erschienen: Vorbilder für Bautischler-Arbeiten. Sammlung aus g e wählt er Bautischlerarbeiten der Renaissance in Italien nach Originalaufnahmen mit Details und Profilen, eum Theil in natürlicher Grösse. Gezeichnet von Rudolf Redtenbacher, Architect. 6 Hefte h  6 Blatt Folio mit erläuterndem Text ä M. 4. — Complet in Mappe M. 24. Inhalt: ls Heft. 1. Thüre der Kirche Santa Croce in Florenz. 2. Thüre der Capelle dei Pazzi in Florenz. 3. Details hiezu in */ 4  und ’/io natürlicher Grösse. 4. Thüren am Dom und Baptisterium zu Pistoja. 5. Dom und Hausthüre in Pistoja. 6. Details hiezu in 1 j t natürlicher Grösse. 2s Heft. 7. Thüre an der Kirche S. Maria dell Umilta zu Pistoja. 8. Fensterladen im Palazzo Cambiaso in Genua. 9. Thüren an einer Kirche in Erescia und am 2ten Kreuzgang zu Sa Croce in Florenz. 10. Thüren der Capelia dei Depositi und der Kirche San Lorenzo in Florenz. 11. 12. Thüren der Ufficien in Florenz mit Details und Profilen in nat. Gr. 3s Heft. 13 ä 18. Ilolzdecken nach in den Ufficien zu Florenz befindlichen Zeichnungen. 4s Heft. 19. 20. Schrank der Sakristei des Domes zu Orvieto. 21. 22. Wandverkleidungen der Dombibliothek zu Siena v. A. Barili. 23. 24. Wandgetäfel aus der Oberkirche von Sa. Ca- tharina in Siena. 5s Heft. 25 ä 28. Thüren aus den Stanzen Raphaels im Vatikan zu Rom, von Antonio Barili 1514 ausgeführt. 29. Sakristeithüre der Kirche Madonna di S. Biagio zu Montepulciano. 30. Eingangsthüre des Palazzo magnifico zu Siena. 6s Heft. 31, Motive der Eintheilung von Holzdecken in Kirchen zu Rom. 32. Holzdecke in Bologna (palazzo Marescalci). Kirchthüre in Genua. Hausthüre in Florenz. 33. Kirchthüre in Neapel. Verschiedene Ilolzver- zierungen. 34. 35. Eingangsthüre des Palazzo Pitti in Florenz mit Profilen in Naturgrösse. 86. 3 Bilderrahmen aus der Galerie zu Siena.